Feigenbaum

Ngorongoro Conservation Area

Heute können wir mal etwas länger schlafen. Der Camp Assistant füllt das Wasser zum Duschen um 7:30 Uhr ein. Das Duschzelt besteht aus einem Metallgestell auf dem eine Plane angebracht ist. Nach untenhin ist nur der Naturboden der Umgebung und nach oben hin ist es offen und es ist ein Sack angebracht, der bei Bedarf mit Wasser gefüllt wird. Shower on request, sozusagen. Wir freuen uns, dass warmes Wasser eingefüllt wird, denn regulieren kann man es nicht. Es hat in der Früh in etwa 17 Grad und es ist windig.

Die restliche Morgentoilette findet wieder am Waschplatz unter dem Vordach statt. Dabei entdecken wir, dass im Erdboden überall mehrere Zentimeter große Löcher sind. Aus diesen kommen also diese furchtbaren Käfer. Es stellt sich heraus, dass es sich um Mistkäfer handelt, nur sind sie hier überdimensional groß. Mit den Schuhen schaufeln wir die Löcher zu, auch wenn wir wissen, dass das nichts bringt. Um 8 Uhr gibt es Frühstück. Frische Ananas, Papayas, Orangen, Mango, Wassermelonen, einfach köstlich. Danach Eierspeise mit Tomaten und allem was das Herz noch begehrt.

Die Abfahrt war mit Raji für 8.30 Uhr ausgemacht. Er ist ein Sonnenschein, immer gut gelaunt und freundlich und stets darum bemüht, dass es uns gut geht. Er fragt, ob ein Massai mit uns im Auto mitfahren darf und wir sind von der Idee begeistert, weil wir gerne Kontakt zu den Einheimischen haben.

Der Massai spricht zwar nicht Englisch, aber dafür Suaheli, was ebenfalls eine Seltenheit ist, da Massais ihre eigene Sprache haben. Auf Suaheli kann er sich mit Raji gut verständigen und so erfahren wir einiges. Er heißt Ikoyo, ist 49 Jahre alt, hat zwei Frauen und sieben Kinder, davon sechs Mädchen und einen Buben. Es dürfte sich um eine etwas fortgeschrittenere Familie handeln, da die Kinder alle zur Schule gehen und noch nicht verheiratet sind. Ausserdem sind sieben Kinder für einen Massai eher wenig. Er ist sehr gut gelaunt und hält immer Aussicht nach Tieren.

Unmittelbar nach unserem Camp stoßen wir auf ein totes Zebra, welches von Unmengen an Geiern zerfressen wird. Ein Kampf zwischen den Geiern findet statt. Die schwächeren unter ihnen stehen im Abseits und warten auf das was übrig bleibt.

Die starken Tiere unter ihnen kämpfen um das frische Fleisch. Die Geier haben unfassbar gute Augen und sehen sehr weit, wenn es etwas zu fressen gibt. Sie beobachten auch, wenn andere Raubvögel etwas ansteuern, weil das auf eine Futterquelle hindeutet. Es waren gut 60 Geier hier versammelt und es ist noch kein Ende in Sicht. Ständig sind weitere im Landeanflug. Jene Geier, die die entsprechenden Schnäbel haben, um das Tier aufzubrechen sind zuerst dran. Ein unfassbares Gemetzel findet hier statt.

Wir fahren weiter und bekommen heute die „Great Migration“ der Tiere noch deutlicher zu sehen. Unmengen an Gnus und Gazellen sind mit ihren kürzlich geborenen Jungen unterwegs.

Auch Strauße, Giraffen und Zebras bekommen wir wieder zu sehen. Wir steigen aus und beobachten die Herden. In der Ferne entdeckt der Massei einen Honigdachs.

Wir fahren näher ran. Raji erzählt uns, dass man einen solchen sehr selten zu sehen bekommt, es ist also etwas besonderes. In seiner Nähe dürfen wir allerdings nicht aussteigen, da er sehr aggressiv und bissig ist und wenn er erst einmal zugebissen hat, dass lässt er nicht mehr los. Wir stoßen auch auf ein paar Hyänen.

Unterwegs treffen wir erneut auf einen Mistkäfer, der eine Kugel in der Größe eines Tennisballs vor sich herrollt.

Eine wunderschöne Weite liegt vor uns und durch die unterschiedlichen Grüntöne wirkt die Gegend fast malerisch. In der Ferne sehen wir einen Feigenbaum der schon mehr als 1000 Jahre alt ist. Wir gehen gemeinsam mit dem Massai zu Fuss hin, vorbei an den vielen Tieren und sind beeindruckt von der Landschaft.

Eine halbe Stunde später sind wir auch schon da und Raji wartet bereits mit dem Auto auf uns.

Er erzählt, dass der Baum, seitdem der Massai ein Kind war, nicht mehr weiter gewachsen ist. Einen derartig mächtigen und schönen Baum haben wir noch nie gesehen.

Es ist bereits Mittag und wir nehmen die Fahrt zurück ins Camp auf. Dabei treffen wir auf eine Straußenmutter mit 14 Kindern, die hurtig ihrer Mutter hinterherlaufen.

Kurz vorm Camp kommen wir nochmal bei dem toten Zebra vorbei oder dem was noch davon übrig ist. Die Geier haben es komplett ausgehöhlt, es ist nur noch das Skelett umhüllt mit der Haut und dem Fell übrig. In der Nähe läuft ein Hund mit einem Stück Zebrahaut im Maul herum. Die Natur hat seine eigenen Regeln.

Nach dem Mittagessen genießen wir die Sonnenstrahlen im Camp. Um 16 Uhr sind wir mit dem Massai verabredet und wollen gemeinsam den Nasara Rock hochklettern.Da kurz davor schon wieder schwarze Wolken aufziehen, gehen wir etwas früher los. Ikoyo geht mit den typischen Massaisandalen. Als wir beim Nasara Rock stehen, überlegen wir, wie wir da überhaupt raufkommen sollen. Der Stein ist glatt, steil und ziemlich hoch. Den ersten Felsen schaffen wir mit viel Mühe. Aufgrund mangelnder Englischkenntnisse versuchen wir mit Händen und Füßen den Massai zu fragen, ob wir diesen Weg dann auch wieder runter müssen oder ob es ein anderer sein wird. Er gibt uns zu verstehen, dass wir diesen Weg auch zurück nehmen werden. Alleine der erste Felsenabschnitt ist mehr als zwanzig Meter hoch, einige weitere in dieser Art folgen und es gibt nichts um sich festzuhalten. Spätestens beim Abstieg wird es regnen und der Felsen wird dann noch rutschig sein und wir haben keinerlei Sicherung, weder Helm noch Seil bei uns. Das ist uns dann doch zu viel und wir kehren um. Da beginnt es auch schon zu blitzen und ein enorm starker Donnerknall ist zu hören, der nicht nur uns, sondern auch den Massai völlig erschreckt.

Wir gehen ins Camp zurück und spazieren von dort aus einen Hügel auf der Rückseite der Zelte hinauf. Auch von hier aus haben wir eine tolle Aussicht. Allerdings müssen wir schnell zurück, da es immer stärker zu regnen beginnt. Wir ziehen uns ins Zelt zurück und wärmen uns mit Decken. Um 19 Uhr endet der Regen wieder und wir genießen die wunderschöne Aussicht von unserem Esstisch unter der Plane.

Heute werden wir wieder mit einem ausgezeichneten Menü verwöhnt. Schon am Nachmittag hat mir der Koch gezeigt, dass er heute schon frisches Weißbrot gebacken hat und mir erklärt, wie er das in der reduzierten Campküche zustande gebracht hat.

Es gibt köstliche Tomatensuppe und dazu Croutons aus dem frischen Weißbrot. Beef gefüllt mit Spinat, dazu wunderbare Kartoffel, Karfiol und Salat. Und allesamt ist sehr geschmackvoll.

Diesmal besucht uns nur einer der großen Falter beim Essen, die großen Mistkäfer kommen dann später vorbei. Sie surren so laut, wenn man sie wegstupst und starten gleich nochmal zum erneuten Angriff durch.

Bevor wir uns ins Zelt zurück ziehen, besprechen wir mit Raji noch den morgigen Tag. Vor unserem Zelt wimmelt es schon wieder vor Mistkäfer. Wir schupsen sie von der Bodenplane vorm Zelt, damit wir in Ruhe Zähne putzen können, aber das ist leider nicht möglich. Beim WC-Zelt erwarten uns die nächsten, sie fliegen wie verrückt gegen die Plane. Wir sind erleichtert, als wir im Zelt sind und die Plane von innen verschließen.

Lala salama

Nasera Rock

Ngorongoro Conservation Area / Nasera Rock

In der Nacht fängt es wieder an zu regnen. Als uns der Wecker um 6:30 weckt, ist es bereits wieder trocken und wir haben angenehmes Wetter.

Leider kommt aus der Dusche weiterhin nur kaltes Wasser und hat mich beim Haare waschen eine ziemliche Überwindung gekostet hat. Aber danach ist man so richtig wach und gut durchblutet. Das Wasser hier ist besonders, es kommt aus der Quelle vorm Zelt und der Natrongehalt ist sehr hoch. Das hat zur Folge, dass es sich seifig anfühlt. Beim Händewaschen hat man das Gefühl, als ob die Seife auf den Händen kleben bleibt und beim Haare waschen fühlt es sich an, als ob das Shampoo nicht ausgespült ist. In Anbetracht des kalten Wassers war ich schon etwas ungeduldig, aber die Haare waren dann sehr weich.

Um 7:15 Uhr wird uns das Frühstück zubereitet und dann fahren wir auch schon los. Eine lange Fahrt die uns heute zur Ngorongoro Conservation Area und zum Nasera Rock führt, liegt vor uns. Die Distanz wäre nicht so groß, aber es gibt in der Nähe keine Verbindung über den Fluss, daher müssen wir eine Umfahrung fahren. Wir fahren den ostafrikanischem Grabenbruch entlang. Die Straßenverhältnisse sind entsprechend schlecht und durch den Regen brechen immer wieder Straßen und neue Wege werden gebildet.

Wir bewundern Raji, mit welcher Leichtigkeit er sich zurecht findet und den Wagen navigiert. Er erzählt uns, dass er seine letzte Safari Corona bedingt im Dezember hatte und durch den Regen manche Straßen jetzt nicht mehr so verlaufen wie zuletzt. Er macht seinen Job großartig und ist so dankbar, dass er endlich wieder arbeiten darf.

Der Weg führt uns durch den Ort Sale, das ist der einzige Ort, indem das Sonjo Volk lebt, welches sich großteils von der Jagd ernährt. Als Kleidung tragen sie meist gelbe und blaue Tücher.

Unterwegs fahren wir immer wieder an Massaidörfern vorbei und auch entlang der Strecke sehen wir häufig die Massais mit ihren Tierherden herumziehen. Oft sind schon die kleinen Kinder alleine mit einem Stecken unterwegs und führen eine Herde von Ziegen über die Felder.

Raji erzählt uns, dass manche Massai Kinder in der Früh alleine mit den Tieren die Lehmhütten verlassen und erst zum Essen wieder nach Hause kommen. Die kleinen Knirpse sieht man inmitten der Herde oft gar nicht auf den ersten Blick. Wir erfahren auch, dass je Massaidorf eigentlich nur eine Großfamilie wohnt. Ein Massai darf beliebig oft heiraten und so wohnt er mit all seinen Frauen und Kindern in seinem Dorf. Wenn ein Sohn heiratet verlässt er das Dorf und bildet sein eigenes. Die Massais heiraten das erste Mal im Alter von ca. 18 Jahren, die Mädchen hingegen sind meist weitaus jünger. Nicht selten kommt es vor, dass sie bereits mit 14 Jahren verheiratet sind.

Wir fahren durch den Ort Malambo. Raji sagt, dass dies der letzte Ort für heute sein wird, ab jetzt folgt nur noch Wildnis. Es dauert auch nicht lange und wir sehen jede Menge Gazellen, Zebras und Giraffen.

Es ist traumhaft schön. Wir fahren wieder mit offenem Dach und können im Stehen die Tiere beobachten. Zu Mittag machen wir Halt unter einem Baum. Raji breitet auf der Motorhaube ein buntes Massaituch auf und darauf platzieren wir unsere Lunchboxes.

Picknick

Unterwegs bleiben wir immer wieder stehen und steigen aus um Tiere zu fotografieren. Raji zeigt uns einen Mistkäfer, der eine Kugel Mist vor sich her rollt, ein Loch in die Erde buddelt und die Kugel darin vergräbt.

Zwischendurch kommt auch immer wieder die Sonne raus und es ist angenehm warm.

Wir befahren bereits das Gebiet der Nogorongoro Conservation Area. Man sieht viele Gazellen und Gnus.

Es findet bereits die Migration statt. Die Tiere kommen im Oktober aus der Masai Mara und sind ab Dezember in der Serengeti und im Norden des Nogorongoro Gebietes. Dieses Gebiet ist riesengroß und sehr eben. Hier gab es mehrere Vulkane die implodiert sind, die Asche hat sich auf der Oberfläche verteilt und bildet einen nahrhaften Boden für Gräser und Pflanzen. Es regnet hier auch oft. Die Tiere zieht es hierher, weil sie hier genug zu fressen und trinken haben und gebären hier ihre Tiere. In Gebieten ohne genug Nahrung könnten die Muttertiere nicht genug Milch für ihren Nachwuchs produzieren und dieser hätte keine Überlebenschance. Es gibt hier auch spürbar mehr Mistkäfer. Ständig fliegt einer über das offene Dach zu uns herein. Einmal landet einer auf meinem nackten Unterschenkel, dann wieder irgendwo im Auto und wir sind ständig am Suchen und rauswerfen.

Das Wetter ist hier nicht vorhersehbar, es kann sehr schnell wechseln. Kaum darüber gesprochen, fängt es auch schon zu regnen an.

Binnen von Minuten steht überall das Wasser und die Sicht beim Fahren ist schlecht und man schlittert über die matschigen Wege. Wir kommen in unserem Zeltlager direkt neben dem Nasera Rock an.

Die Crew ist schon hier und hat das Lager bereits aufgebaut. Wir haben unser eigenes Zelt und ein WC und Duschzelt.

Darüberhinaus gibt es ein Zelt zum Kochen, eine Plane mit einem Esstisch für uns und je ein kleines Zelt für die Crew und unseren Guide. Wir werden herzlich empfangen und es hört zum Glück auch wieder zu regnen auf. Die Crew besteht aus dem Koch, Kellner und Campassistenten. Zusätzlich ist ein Massai hier, der in dem nahegelegenen Massaidorf lebt. Wenn man privat seine Zelte im Nirgendwo aufstellt, ist es üblich einen Massai von diesem Gebiet mit einzubinden, als Zeichen des Respekts sozusagen. Dieser Massai kommt dann mehrmals am Tag im Camp vorbei und sieht nach dem Rechten.

Nach dem Welcome Drink bekommen wir ein Camp Briefing von Raji. Er teilt uns mit, dass wir uns bei Tageslicht frei bewegen können, da die Löwen nur dann angreifen, wenn man sie in die Enge treibt, die Hyänen ohnehin Aasfresser sind und wenn dann auch nur Tiere angreifen und die Gnus und Gazellen harmlos und ängstlich sind. Sollten wir in der Nacht aufs WC müssen, gilt folgende Verhaltensregel. Beim Verlassen des Zeltes mit der Taschenlampe links und rechts vom Zelt Ausschau halten. Sieht man rote Augen (Raubtiere), die Taschenlampe ein- und ausschalten, da die Tiere oft verschwinden, wenn nicht, dann muss man sofort ins Zelt zurück. Bei silbernen Augen ebenfalls den Trick mit der Taschenlampe anwenden, diese Tiere sind aber harmlos. Leuchten Tieraugen auf höherer Ebene, ebenfalls sofort zurück ins Zelt, da es sich um ein großes Tier handelt. Sollte die nächtliche Notdurft verrichtet werden müssen und man kann nicht ins WC Zelt gehen, steht vor dem Schlafzelt ein kleiner Kübel. Also wir sind uns einig, dass wir beides zu verhindern versuchen.

Wir verstauen unsere Sachen erstmal im Zelt und wären jetzt bereit für einen Sundowner. Doch leider hat die Vorabbestellung nicht geklappt, denn weder der von uns bestellte Gin noch die Weine für die nächsten Tage im Camp wurden geliefert. Also gehen wir über zu Plan B und machen einen Spaziergang und umrunden den Nasera Rock. Ein wunderschöner Felsen in tollen Farben.

Eigentlich unglaublich, dass wir in the middle of nowhere ganz alleine gehen können, wir haben es uns viel gefährlicher vorgestellt. Aber das kommt auf die Gegend an und diese hier ist zum Glück harmlos.

Wir treffen wieder im Camp ein und zeitgleich setzt auch wieder der Regen ein. Mit dem von der Crew versprochenen Lagerfeuer wird es somit auch nichts und der Sonnenuntergang wird auch nicht zu sehen sein. Dafür zeigen sich schöne, rosa gefärbte Blitze am Himmel.

Das Abendessen wird uns serviert. Drei köstliche Gänge und sogar die Teller sind gut vorgewärmt. Unfassbar, was der Koch unter reduzierten Umständen zaubert.

Während wir essen, steuern uns riesige Nachfalter an. Mit einer Länge von 8 cm und Breite von ca. 3 cm, haben wir noch nie so große, plumpe Falter gesehen. Die Petroleumlampe und das Kerzenlicht zieht sie an, doch ohne Licht ist es nicht möglich irgendetwas zu sehen. Sie bombardieren uns abwechselnd und fliegen in unser Essen. Nach dem Essen zeigen sich die ersten Riesenkäfer. Schwarze, kugelrunde, glänzende Käfer, die gut 6 Zentimeter groß sind und sich noch größer machen, indem sie die Flügel aufblasen. Sie sind noch dazu dumm, sie fliegen gegen die Plane und landen auf uns oder steuern uns direkt an. Wir sind scheinbar beide keine Hardcore Naturmenschen und die Größe dieser Tiere ist wirklich gewöhnunsbedürftig.

Nachdem der Regen nicht enden mag und es dann zu kalt ist, um draussen zu sitzen, gehen wir mit der Taschenlampe bewaffnet zum Zelt zurück. Unter dem Vordach ist unser Waschplatz. Wir richten unser Waschzeug her, als uns plötzlich mehrere von den großen Käfern bombardieren. Wir kommen nicht mehr nach sie abzuwehren und so sehr uns graut vor diesen Kreaturen, so sehr müssen wir lachen. Also putzt einer die Zähne, während der andere die Käferabwehr übernimmt. Eine Herausforderung war es auch, ins Zelt zu kommen, ohne dass ein Käfer mit reinfliegt. Wir haben es geschafft und sind heilfroh. Jetzt bauen wir noch die Einzelbetten auf ein Doppelbett um und fallen mit vielen neuen Eindrücken ins Bett. Es ist ziemlich kalt, aber die warmen Decken wärmen ausreichend. Die Käfer vorm Zelt geben nicht auf und fliegen alle paar Sekunden gegen unser Zelt. Es hat sich jedesmal angehört als würden sie im Inneren landen und um sicherzugehen, dass das nicht der Fall ist, haben wir mehrmals die Taschenlampe angemacht. Erst dann konnten wir beruhigt einschlafen.

Usiku mwema Nasera Rock

Flamingos bei Lake Natron

Byebye Lake Manyara – Hello Lake Natron

Um 3 Uhr wurden wir von heftigen Donnergeräuschen und Blitzen geweckt und es regnet heftig. Schnell schauen wir, ob es durch die Netzfenster reinregnet und wir gegebenenfalls die Planen vorhängen müssen. Aber der Regen scheint gerade zu fallen, so tritt kein Wasser ein. Plötzlich geht das Licht aus, Stromausfall. An viel Schlaf war dann nicht mehr zu denken. Es erinnerte mich an die Gewitter in meiner Kindheit, wenn wir in Omas Haus waren. Es war so laut ohne Fenster und der Regen prasselt laut auf das Zeltdach. Um 6 Uhr ist heute Tagwache, da wir von unserer Terrasse aus den Sonnenaufgang sehen möchten. Aufgrund der Nähe zum Äquator geht die Sonne immer um 6 Uhr auf und um 18 Uhr wieder unter. Vom Sonnenaufgangs ist aufgrund des anhaltenden Regen nichts zu sehen und Strom gibt es nach wie vor nicht. Mit einer kleinen schwachen Stirnlampe und der Handytaschenlampe gehts zur Dusche. Selbst die Kontaktlinsen schaffen es trotz mangelnder Beleuchtung in die Augen, der Tag ist gerettet.

Nach dem Frühstück warten schon die Massais auf uns und bringen unsere Taschen zum Auto. Wir fahren mit Raji zum Lake Natron, dort soll es jede Menge Flamingos geben. Es gibt allerdings noch ein Problem mit dem Wagen und so machen wir einen kurzen Stopp bei der Werkstatt. Sofort laufen ein paar Männer herbei und nach einem kurzen Blick in die Motorhaube ist das Problem behoben.

Ein letzter Halt bei der Tankstelle ist noch notwendig. Bei dieser laufen einige Hühner frei herum, ein witziger Anblick dies Tankstellenfreilufthühner. Auf der Fahrt erzählt uns Raji Wissenswertes über die Tiere, die Menschen und die Gegend. Er erinnert uns auch daran, jederzeit stehenbleiben zu können um Fotos zu machen.

Die Straßenverhältnisse erweisen sich heute als äußerst schwierig. Die Straßen sind teilweise überflutet und wir müssen eine andere Route wählen und die Fahrbahn ist sehr schmierig und rutschig und wir werden kräftig durchgeschüttelt.

Aber Radji ist ein erfahrener Fahrer und kann mit der Situation sehr gut umgehen und hat uns entsprechend vorgewarnt und unmittelbar nach der Abfahrt die Frage gestellt: „Are you ready for the adventure?“

Zwischendurch machen wir einen Halt beim Valley. Da steuert auch schon ein Massei mit einer Ziege um den Hals auf uns zu und möchte sie uns verkaufen. Er möchte dafür 30 US Dollar, sieht aber ein, dass wir sie nicht mit auf Safari nehmen können.

Da ruft uns ein Massai Mädchen vom Valley unten zu und hastet den Berg herauf. Wir sind erstaunt, wie schnell sie das schafft. Als sie merkt, dass Raji nur Suaheli aber nicht die Sprache der Massai spricht, zeigt sie sich plötzlich schüchtern. Sie möchte sich aber gerne fotografieren lassen und nimmt von uns eine Banane und Kracker mit Freude an.

Zu den Massais hat uns Raji auch einiges erzählt.

Sie leben mit ihren Familien in ihren Dörfern, die meist aus runden Lehmhäusern bestehen. Die meisten von ihnen tragen selbstgefertigte Schuhe. Dafür wird ein Stück von einem alten Auto- oder LKW-Reifen geschnitten, mit dem Reifenprofil nach unten bildet dieses Stück die Sohle. Aus den glatten Stücken bzw. aus Lederteilen werden Riemen zugeschnitten und schon sind die Sandalen fertig. Dieses Schuhwerk ist ein Allrounder, sie besteigen damit die Berge, gehen durchs Wasser und haben genug Halt, wenn sie über Steine laufen. Massais essen nur die eigenen Tiere, also Kühe, Ziegen und Hühner. Gnus und Fische zum Beispiel würden sie niemals essen. Ein Tier aus ihrer Zucht verkaufen sie nur dann, wenn sie Geld brauchen. Die meisten Völker kommen mit sehr wenig aus, sie leben meist ohne Strom in den Villages. Die Frauen und Kinder verkaufen Perlenschmuck und Ketten jeglicher Art. Die Kinder der Massais gehen nur dann zur Schule, wenn diese ein paar Kilometer entfernt und zu Fuß erreichbar ist, oder wenn die Kinder von anderen Familien aufgenommen werden, die in Schulnähe wohnen. Die Massais sind sehr stolz, das es schon zwei Massais in die Regierung geschafft haben.

In Tansania gibt es drei Arten von Schulen. Die International School, die jenen Kindern vorbehalten ist, deren Eltern ausserhalb von Tansania kommen und hier in einem Konzern arbeiten. Es gibt auch diverse Privatschulen, in denen der Unterricht in englischer Sprache erfolgt und die öffentlichen Schulen in denen der Unterricht in Suaheli abgehalten und zusätzlich ein paar Stunden Englisch unterrichtet wird, also vergleichbar mit dem klassischen österreichischen Schulsystem. Für die Kinder der Privatschulen gibt es einen Schulbus, jene der öffentlichen Schule müssen zu Fuß gehen oder versuchen per Autostop voranzukommen. Es ist wirklich seltsam, wenn man sieht, wie die kleinen Zwerge am Straßenrand stehen und versuchen ein Auto anzuhalten.

Wir sind jetzt schon seit Stunden unterwegs und treffen auf der Straße viele Massais, die ihre Herden hüten oder andere, die mit Kübeln bepackt, zu Fuß einige Kilometer zum Markt in das Village „Water never dries“ gehen. Das Village heißt deshalb so, weil es hier niemals ganz trocken wird. Das Wasser kommt das ganze Jahr über vom Berg runter ins Tal.

Auf der Straße treffen wir immer wieder auf Gnus, jede Menge Zebras, Störche und Giraffen. Die Giraffen sind besonders scheu. Solange wir im Auto sitzten, schauen sie neugierig zu uns, doch sobald wir aussteigen und uns nähern, werden sie nervös und laufen weiter. Giraffen haben in Tansania zwei Feinde: die Menschen, die sie gelegentlich mal der Haut und des Fleisches wegen jagen und die Löwen. Löwen greifen an, wenn Giraffen trinken, weil sie da den Kopf und Hals nahe des Bodens haben. Deshalb neigen sie den Kopf beim Trinken immer nur ganz kurz hinunter und sofort wieder hoch und das auch nur in Gegenwart anderer Giraffen, die währenddessen die Umgebung im Auge behalten.

Wir machen halt beim Shimo La Mungo Krater, der aufgrund eines Meteoriteneinschlages entstanden ist. Die Massais wissen über das Entstehen des Kraters nicht bescheid, sondern glauben bis heute, dass dieser mit Gott in Verbindung steht und gehen daher auch regelmäßig den Krater hinunter.

Nach sechs Stunden Fahrt, für nur 180 Kilometer, kommen wir in der Tented Lodge an.

Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. Unfassbar, was wir hier sehen. Wahnsinnszelte, sehr geschmackvolles Interieur und Massais, die hier angestellt sind, empfangen uns.

Nach einem Welcome Drink essen wir gemeinsam mit Raji die Speisen aus unserer Lunchbox und trinken Tee, ehe wir in unser Zelt gebracht werden.

Das Zelt ist ein Traum, total luxuriös und wunderschön in die Natur eingebettet. Nach einer kurzen Rast machen wir mit einem Massai einen Spaziergang zu den Flamingos beim Natronsee. Wir führen eine sehr nette Unterhaltung mit ihm. Im Laufe des letzten Jahres gab es so viel Regen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Als sich das Wasser zurück gebildet hat, sind leider viele kleinen Fische in der Salzlake verendet, auch ein paar tote Pelikane liegen am Boden. Wir beobachten tausende Flamingos, deren rosa Federnkleid in der Abendsonne besonders schön aussieht. Es gibt hier zwei Arten, die kleineren und die größeren.

Vor uns ragt der Vulkan Oldoinyo Lengai, der auch als heiliger Berg der Massais bezeichnet wird. Zuletzt ist er 2009 ausgebrochen. Am Weg zurück erzählt uns der Massai, wie wichtig es für ihn ist, sich jeden Tag zu bewegen und seine große Familie um sich zu haben. Social distancing kennt er aus den Medien und fragt, ob das in Europa tatsächlich ein Thema ist und warnt davor, dass das seiner Meinung nach die Menschen krank macht. Wie recht er nur hat. Er bietet uns eine Unterkunft in seinem Dorf an, wir sollen unsere Kinder aus Österreich holen und dann können wir alle bei ihm wohnen. Mit einer Entscheidung vertrösten wir ihn erst mal.

Nach dem Spaziergang wird noch schnell mit kaltem Wasser geduscht, da es heute zu wenig Sonne gab um das Wasser mit Solar zu beheizen. Zu wenig Sonne oder Regen bedeutet auch kein Internet. Dinge, die wir zu Hause als selbstverständlich erachten, laufen in anderen Ländern dann ganz anders ab, ist aber zum Entschleunigen ganz gut. Um 19.30 Uhr gibt es Abendessen im Restaurantzelt. Es ist schon dunkel und der Weg dorthin einige Minuten lang. Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, die Reißverschlüsse vom Zelt immer gut zu schließen, da es hier Schlangen, Skorpione und Spinnen gibt. Die Skorpione sind giftig und auch manche Schlangen, die Spinnen dafür harmlos aber entsprechend groß. Selten ziehen Löwen und Hyänen durchs Camp und gelegentlich werden rote Cobras gesehen. Mit einer Lampe ausgestattet machen wir uns auf den Weg zum Abendessen. Kurz vorm Restaurantzelt kreuzt eine Schlange unseren Weg. Es war aber zum Glück eine kleinere.

Wir bekommen köstliches Essen und guten südafrikanischen Sauvignon Blanc.

Nach dem Essen bringt uns ein Massai aufs Zimmer, da sie Gäste nächtens wegen der Tiere nicht alleine gehen lassen. Am Weg dorthin machen wir die Lichter aus und bewundern den sensationellen Sternenhimmel, es ist wie im Planetarium. Als wir das Licht im Zelt ausmachen, sehen wir absolut nichts mehr, eine sehr besondere Finsternis, die man als Städter so nie zu sehen bekommt.

Gute Nacht Lake Natron!