Letzter Tag in Kyōto

Der letzte ganze Tag in Kyōto ist angebrochen. Unser erstes Ziel heute Früh ist der Nishiki Markt. Den haben wir uns für heute aufgehoben, da Regen angesagt ist und der Markt überdacht ist. Im Moment ist es aber noch trocken und wir machen einen kurzen Stopp im Cafe Lucca und trinken Espresso und grünes Smoothie aus japanischem Spinat, Bananen und Mandelmilch.

Frühstücken wollen wir dann gleich am Markt, den wir kurz darauf erreichen. Köstliche Waren werden angeboten. Frisches Seafood wohin das Auge reicht, Zuckerl in vielen Sushi Miniaturausführungen, Snoopy Marshmallows und vieles mehr.

Uns begeistert allerdings das Seafood. Ein Stand fällt uns auf, wo die Einheimischen schon Schlange stehen und den rohen Fisch und die Muscheln zum sofortigen Verzehr kaufen. Es war schnell klar, dass wir auch etwas davon kaufen wollen. Stefan Wahl fällt auf den Spieß mit rohem Thunfisch und für mich wird es eine riesige Auster. Eine in der Größe habe ich bisher noch nie gegessen. Frische Ware und entsprechend köstlich hat es dann auch geschmeckt.

Nach dem Markt gehen wir in das Messergeschäft Kyōto Takegame, welches uns Nori der Restaurantbesitzer vorgestern empfohlen hat.

Koji Hirose ist ein guter Freund von ihm und Nori verwendet auch diese Messer in seinem Restaurant. Seit langem wollen wir uns ein neues Küchenmesser kaufen, aber alle bisherigen in Wien waren uns zu teuer. Als wir die Reise nach Japan planten, war klar, dass wir hier ein entsprechendes Messer kaufen werden. Ein sehr schicker Shop in modernem Design erwartet uns. Nach ausführlicher Beratung haben wir uns auch schon für eines entschieden. Der Griff aus Magnolienholz, die Klinge aus Carbonstahl mit einem Honba-Zuke Abzug, einer in Japan beliebten Schleifmethode. Den entsprechenden Schleifstein bekommen wir hier auch. Zuletzt wird unsere persönliche Gravur in die Klinge eingestemmt. Nachdem wir beide gerne kochen, entscheiden wir uns für unsere Vornamen. Wir freuen uns jetzt schon auf viele Kochgelegenheiten.

Da das Wetter heute weniger gut ist, machen wir zu Mittag eine Pause in einem Running Sushi Lokal. Sensationelle Sushis und eine für uns ungewöhnliche Vielfalt.

Die kleinen Tellerchen stapeln sich neben uns zu einem Turm. In Japan bekommt man in den Lokalen immer Wasser oder Tee kostenfrei zum Essen serviert. Hier im Lokal gibt es bei jedem Platz einen Heißwasseranschluss und man kann sich Matchatee selbst zubereiten.

Im Anschluss wollen wir zum Kaiserpalast. Inzwischen regnet es stärker und es ist ungemütlich kalt. Wir gehen die paar Kilometer aber trotzdem zu Fuß. Schon ziemlich durchgefroren kommen wir beim Palastgelände an, sind aber sehr enttäuscht, da man durch die Aussenmauer keinen Blick auf den Palast hat und die Tore verschlossen und bewacht sind.

Wir finden beim Ausgang eine Hinweistafel, dass der Palast seit Anfang Februar für Touristen geschlossen ist, nur einen Tag im März öffnen wird und dann erst wieder ab April für Besucher zugänglich ist. Völlig unterkühlt und nass fahren wir zu dem Einkaufscenter gegenüber von unserem Hotel. Vom Zimmer aus konnten wir sehen, dass es dort ein Katzencafe gibt. Wir sehen es uns von der Nähe aus an, gehen aber nicht hinein.

Zirka 15 Katzen befinden sich in dem Raum, hier kommen die Leute her und bezahlen Eintritt, damit sie die Katzen streicheln können. Mit Cafe als solches hat es nichts zu tun. Es gibt auch Gastkatzen, die wie kleine Stars stundenweise hierher zu Besuch kommen.

In den Shops findet man jede Menge Krimskrams. Begonnen von einem Massagegerät für das Handgelenk, ein weiteres für die Handflächen, jede Menge Plastikgeschirr usw. Generell ist in Japan noch weitaus mehr Plastik in Verwendung, als in Österreich. Man erkennt aber schon kleine Anzeichen, die darauf hoffen lassen, dass dieses Thema in den nächsten Jahren eine Verbesserung herbeiführt.

Am Abend sind wir wieder in der Pontocho Alley auf der Suche nach einem Restaurant. Samstag Abend ist wesentlich mehr los hier und einige Lokale schon ausgebucht. Wir finden dann eines, wo man am Boden sitzt, das spricht uns an. Beim Eingang werden uns die Schuhe abgenommen und man teilt uns mit, dass es ein vorgegebenes, mehrgängiges Menü gibt. Der erste Gang hat uns nicht wirklich begeistert, das Sashimi war ganz gut aber auch die weiteren Gänge waren nicht aufregend. Wir bemerken, dass die Einheimischen aus der Karte wählen können, das willen sie sich mit Touristen scheinbar nicht antun, da das Personal auch hier kaum Englisch spricht. Am Heimweg kehren wir noch auf einen Sake in einem kleinen urigen Lokal ein.

Die letzte Nacht in Kyoto, einer faszinierenden Stadt mit mehr als 1,4 Millionen Einwohnern bricht an. Wir sind täglich um die 10 Kilometer zu Fuß gegangen und konnten viel in der ehemaligen Haupt- und Kaiserstadt erkunden.

Kyoto – Bambuswald und Samurai

Nach dem Frühstück in der Boulangerie, fahren wir mit dem Bus zum Bambuswald Arashiyama. Eine längere Fahrt, auf der wir beobachten, wie diszipliniert und respektvoll der Umgang miteinander in diesem Land ist. Sobald ältere Menschen einsteigen, wird ein Platz freigemacht und auch sonst sind nur freundliche Gesten zu beobachten. Akustisch ist es auch sehr angenehm, da Unterhaltungen in angenehmer Lautstärke geführt werden. Was uns aber am meisten fasziniert, ist die Sauberkeit in dieser Stadt. Wir haben bisher noch keinen Müll oder Zigarettenstummel auf der Straße gesehen, obwohl es nur wenige Mülltonnen im öffentlichen Bereich gibt. Auf den Straßen ist seit noch nicht allzu langer Zeit das Rauchen untersagt und selbst in den Restaurants wird nicht mehr geraucht, obwohl das Gesetz erst mit April dieses Jahres in Kraft tritt. Irgendwie hat man das Gefühl, dass jeder Einzelne darauf wert legt, die Stadt schön und sauber zu halten.

Wir sind in Arashiyama angekommen. Der Ort von landschaftlicher Schönheit befindet sich am westlichen Stadtrand von Kyōto. Riesige Bambusbäume so weit das Auge reicht.

Die Wege durch den Wald sind gesäumt mit Bambushecken und Bambuszäunen, selbst Wegsperren werden aus Bambusstämmen errichtet. Ein sehr angenehmes Klima herrscht hier.

Es waren natürlich einige Touristen hier, aber es war keinesfalls überlaufen, wie es noch bis vor wenigen Wochen angeblich war. Das hat uns am Vorabend einer der Restaurantbesucher bereits gesagt. Bis vor kurzem konnte man hier kaum durchgehen, aber seit dem Coronavirus bleiben die Touristen aus China fern. Er selbst lebt seit 30 Jahren in Kyōto und hat jetzt erst begonnen, die ersten Sehenswürdigkeiten zu besuchen, da ihm davor immer zu viel los war. Ein nettes Bild geben die Rikschas ab. Laufend ziehen die Burschen die Rikschas hinter sich her. Ist in Japan immer noch verbreitet.

Next Stop ist der Toei Kyōto Studio Park. Wir sind erstaunt, wie wenig auch hier los ist. Wir besuchen ein paar Attraktionen, wie „Laser Mission – Escape the Castle, Ninja Mystery House und 3D Maze – The Ninja Fort“ und nehmen anschließend an einer Führung teil, wo wir einiges über die Dreharbeiten der Samuraifilme auf diesem Gelände erfahren.

Es folgt ein Samuraikurs, an dem Stefan und ich teilnehmen und lernen, wie man das Schwert richtig führt.

Kurz bevor das Filmstudio schließt, sehen wir uns noch einen Schwertkampf an und Stefan wird von einem Samurai zum Kampf aufgefordert und besiegt ihn natürlich :).

Mit der U-Bahn geht es zurück ins Stadtzentrum. In den Stationen werden stets Vogelgeräusche über Lautsprecher eingespielt, diesmal ist der Kuckuck zu hören. In Japan hat man es am Allerwertesten gerne warm, so sind nicht nur die Sitze in den U-Bahnen wunderbar gepolstert sondern auch beheizt. Das ist auch in den zahlreichen WC Anlagen zu bemerken. Man findet meist High-Tech WCs vor, die neben einer Sitzheizung auch mit unterschiedlichsten Wasserspritzfunktionen ausgestattet sind.

Aufgrund der Tipps, die uns Nori gestern gegeben hat, haben wir kurzfristig umdisponiert und werden am Sonntag nicht mit dem Zug an unser nächstes Ziel fahren, sondern stattdessen das Auto nehmen. So haben wir die Möglichkeit zwischendurch noch einen Stopp in einem weiteren Ort zu machen. Also suchen wir auf der Heimfahrt noch schnell einen Autovermieter, um ein Auto zu buchen.

Jetzt geht’s zurück ins Hotel, noch schnell frisch machen fürs Abendessen. Wir sind schon sehr hungrig, haben wir doch seit dem Frühstück nichts gegessen und möchten heute Abend eines dieser kleinen Lokale aufsuchen, in denen man an der Theke sitzt und zusieht, wie das Essen zubereitet wird.

Wir entdecken auch schnell eines, in dem keine Touristen sind. Herzhafte Speisen stillen unseren Hunger. Am Heimweg nehmen wir noch einen Sake.

See you tomorrow!

2. Tag in Kyōto

Eigentlich wollten wir heute Früh sehr zeitig in den Bambuswald Arashiyama fahren. Nachdem wir gestern Abend aber erfahren haben, dass man im Moment zu jeder Tageszeit hinfahren kann, da es auf Grund der Virushysterie keinen Ansturm von Touristen gibt, haben wir keine Eile. Als es dann auch noch ein wenig zu regnen beginnt, verschieben wir den Besuch auf morgen. In der Boulangerie Shinshinto in der Nähe genießen wir köstliches Frühstück und planen währenddessen unsere Tour für den heutigen Tag.

Wir starten mit dem Fushimi Inari Schrein.
Der faszinierenden Schrein wurde im 8. Jahrhundert dem Reis- und Sakegott gewidmet. Durch die Hügel windet sich ein zauberhafter, scheinbar unendlicher Weg durch 5000 leuchtend orangene Tore, die sogenannten „Torii“.

Das macht diesen Schrein zu einem der beliebtesten in ganz Japan. Beim Spaziergang durch die höheren Ebenen sieht man auch zahlreiche Kleinschreine, Friedhöfe und Fuchsstatuen am Weg.

Der Fuchs wird als Bote des Getreidegottes Inari angesehen. Die Schlüssel, die die Füchse oft im Maul tragen, stellen die Schlüssel zu den Getreidespeichern dar. Dieser Schrein ist das zentrale Heiligtum für die insgesamt rund 40.000 Inari-Schreine in ganz Japan. Der Spaziergang entlang der Toriis erweist sich als richtiges Workout.

Wir bringen einige Kilometer hinter uns und unsere Fitness App verrät uns, dass wir insgesamt 66 Stockwerke bewältigt haben. Aber selbst die Mädchen und Frauen in ihren Kimonos und den Schlapfen zappeln die vielen Stufen entlang.

Jetzt wird es Zeit aufzubrechen, da wir uns für eine Tea Ceremony um 15:30 Uhr angemeldet haben. Wir nehmen zuerst den Zug zurück nach Kyōto und treffen auch hier wieder viele freundliche Menschen.

Als wir umsteigen, um den Bus zu nehmen, erfahren wir, das dieser heute nicht wie erwartet fährt. Wir sind schon knapp dran und nehmen ein Taxi. Unsere erste Taxifahrt in Japan. Die Hintertüre öffnet automatisch und die Sitze sind mit Spitzendecken überzogen. Ein witziger Anblick. Der Fahrer trägt Handschuhe und einen Mundschutz, um sich vor dem Coronavirus zu schützen. In Kyoto tragen rund 80 Prozent der Leute einen Mundschutz. Es entsteht dadurch ein seltsames Bild.

Pünktlich kommen wir im Teehaus an und erfahren, dass wir die einzigen sind. Eine private Tea Ceremony, so mögen wir das. Die Teezeremonienmeisterin erklärt uns einiges über die Entwicklung des Tees und dessen Zubereitung.

The way of tea or 茶道 umfasst die nachfolgenden 4 Prinzipien:

Harmony 和 (wa)
Respect 敬 (kei)
Purity 清 (sei)
Tranquility 寂 (jaku)

Ausserdem lautet der Leitsatz: Everyday is a good day.

Dieses Gefühl haben wir schon seit unserer Ankunft. Wir sind bisher nur auf positive und freundliche Menschen getroffen.

Die Meisterin bereitet uns Matcha Tee zu und erklärt uns genau, welche Verhaltensregeln dabei einzuhalten sind.

Sie erzählt uns auch, dass sie seit 5 Jahren die Ausbildung zur Teezeremonienmeisterin macht und diese noch weitere 5 Jahre andauern wird. Am Ende der Session bereiten wir noch selbst eine Tasse Matcha Tee zu. Inzwischen ist es 16:30 Uhr, wir haben seit dem Frühstück nichts gegessen. Die Meisterin empfiehlt uns ein Sushi Lokal in der Nähe.

Zuvor möchten wir aber noch schnell den Goldenen Tempel „Kinkakuji“ ganz in der Nähe des Teehauses besichtigen. Während der Teezeremonie wurde die Sonne vom Regen abgelöst und es ist deutlich kälter. Wir lassen uns davon aber nicht abhalten und gehen das Tempelgelände ab.

Der Tempel ist mit Blattgold verkleidet, welches heute zum Schutz des Gebäudes fünf Mal so dick ist wie ursprünglich. Außerdem ist der Tempel für seine drei unterschiedlichen Baustile und den angrenzenden Spiegelteich bekannt, der mehrere kleine Inseln und Felsen umschließt.

Durchgefroren machen wir uns zu Fuß auf den Weg zu dem Sushi Restaurant hajime. Wir sind die einzigen Gäste und verstehen uns von Beginn an gut mit dem Chef.

Nori ist ebenfalls Weinliebhaber und erzählt uns stolz, dass er demnächst wieder nach Frankreich reisen wird. Er zaubert vor uns ein mehrgängiges Überraschungsmenü zu.

Dieses Sashimi und Sushi löst eine Geschmacksexplosion am Gaumen aus. Es ist nicht vergleichbar mit Sushi in Europa. Die Japaner verwenden keinen Lachs für das Sushi, nehmen auch nur wenig Reis und nur ganz wenig Sojasauce, wobei nur der Fisch ein wenig damit benetzt wird, keinesfalls darf der Reis darin getunkt werden. Es kommen noch zwei weitere Japaner dazu und so unterhalten wir uns den restlichen Abend mit Ihnen und bekommen erstklassige Tipps für unsere nächsten Ziele auf unserer Reise. Dieser Abend wird uns ewig in Erinnerung bleiben.

Kombanwa Kyōto