Aufwachen in Mui Ne
Wir haben eine furchtbare Nacht hinter uns. Stefan‘s Fieber ist weiter gestiegen und es ging ihm sehr schlecht in der Nacht. Mit feuchten Tüchern versuchen wir das Fieber zu senken. Um 7 Uhr wachen wir auf. Kurz darauf höre ich ihn aus der Toilette rufen. Ich laufe schnell hin, bekomme die Türe aber nicht auf, da Stefan am Boden liegt und sie blockiert. Auf meine Rufe reagiert er nicht. Ich versuche ihn mit der Türe ein wenig wegzuschieben, stecke dann mein Bein durch und schiebe ihn damit zur Seite, damit ich eintreten kann. Er liegt am Boden, atmet sehr flach und schaut mich starr an. Ich versuche ihn in dem kleinen Raum ordentlich zu lagern und lege ein kühles Tuch auf seine Stirn. Plötzlich schnauft er laut, schließt die Augen und kollabiert. Ich laufe raus, um Hilfe zu holen. Als Stefan plötzlich zu röcheln beginnt kehre ich schnell um und finde ihn mit blutrotem Kopf vor. Er hat seinen Kopf aufgerichtet und gegen die Wand gedrückt und bekommt dadurch keine Luft. Ich hebe ihn ein Stück hoch und rüttel ihn bis er laut aufschnauft und wieder hörbar atmet. Ich laufe in den Garten und rufe unserer Vermieterin zu, dass sie schnell einen Arzt rufen soll. Sie war zum Glück schon draussen, da wir eigentlich zum Laufen verabredet waren.
Ich bringe Stefan in eine Sitzposition. Wir erfahren, dass der Arzt keine Hausbesuche macht. Stefans Zustand stabilisiert sich dann doch langsam. Ich dusche ihn kühl ab und bringe ihn ins Bett. Das Fieber ist plötzlich weg. Wir verbringen den Vormittag im Zimmer, da Stefan noch zu schwach ist, um ins Krankenhaus zu fahren. Nachdem er eine Zeit geschlafen hat, scheint es ihm besser zu gehen. Zu Mittag kollabiert er aber erneut, diesmal etwas weniger heftig als noch in der Früh. Als er halbwegs stabil ist, bringe ich ihn mit dem Taxi in die Polyklinik in Mui Ne.
Schon beim Reinkommen zeigt sich ein lustiges Bild. Beide Krankenschwestern am Empfang schlafen. Wir wecken sie auf und schildern der Englisch sprechenden die Krankengeschichte. Sie führt uns in den Behandlungsraum, der ein wenig versieft wirkt.
Der Arzt kommt, spricht aber nicht Englisch. Ich habe davor schon die Symptome im Google Translator auf Vietnamesich übersetzt und zeige ihm den Text. Wir bekommen ein Daumen hoch, er hat es also verstanden. Stefan wird untersucht, es wird Blut abgenommen. Es scheint eine Lebensmittelvergiftung zu sein. Das bestätigt auch Stefan’s Verdacht, da die Frühstückseier heute Früh nicht ganz durch gebraten waren. Er hätte die Frage nach „2 sides“ doch mit ja beantworten sollen.
Er muss zumindest die nächsten 6 Stunden im Krankenhaus bleiben und bekommt Infusionen und soll sich ausruhen.
Nachdem die Infusion nach dem 3. Versuch gelegt und Stefan guter Dinge ist, fahre ich zurück in unsere Unterkunft. Am Weg kaufe ich noch Avocado, frische Früchte und Fruchtsaft und esse dann im Garten. Hier kann man gut entspannen und den Schock der letzten Stunden ein wenig verarbeiten.
Am Nachmittag gehe ich noch zum Strand. Über ein wildes Gelände komme ich direkt dort hin.
Wir sind immer wieder verwundert, wie wenig hier auf die Umwelt geschaut wird. Es liegen Unmengen am Plastikflaschen und sonstigem Müll herum. Eigentlich wollte ich ins Meer schwimmen gehen, doch das Ambiente hier ist nicht sonderbar einladend. Ich setze mich kurz auf einen betonierten Weg bei einem Hotel und beobachte die Fischer im Meer, wie sie mit ihren kleinen runden Bootsschalen ihr Netz ausbreiten.
Als ich den Strand entlang schaue, entdecke ich ein totes Schwein. Der Strandabschnitt ist wirklich nichts für mich.
Ich werde jetzt zu Stefan zurück ins Spital gehen und beschließe das zu Fuss zu tun. Die Klinik ist etwa 4,5 Kilometer weit entfernt. Unterwegs kaufe ich noch Baguette und frisches Wasser, falls er dann schon Appetit hat. Ich komme an Kokospalmen vorbei, die gerade geerntet werden. Unglaublich wie flink die jungen Männer auf den Palmen herumkraxeln.
Am Straßenrand ist ein Lokal neben dem anderen und alle präsentieren frisches Seafood. Man sucht sich aus den Becken aus was man möchte und es wird frisch zubereitet.
Einen Besuch hier hätten wir ursprünglich für heute Abend geplant gehabt, daraus wird jetzt allerdings nichts.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite verkaufen Fischerfamilien das tagsüber gefangene Seafood. Teilweise liegen die Muscheln auf der Straße herum.
Aber womöglich ist dieses trotzdem besser, als jenes das tagelang transportiert wird, bis es dann endlich bei uns in Österreich auf den Tellern landet.
Nach einer Stunde Fußmarsch komme ich um 17:30 bei Stefan in der Klink an. Er hängt noch an der zweiten Infusion und erzählt mir amüsiert, dass die Schwestern bereits fünfmal Fieber und dreimal Blutdruck gemessen haben, obwohl er seit heute Früh kein Fieber mehr hatte und auch sein Blutdruck in Ordnung ist.
Nach der dritten Infusionsflasche darf Stefan gegen 21 Uhr das Krankenhaus mit einer Menge Medikamente und einer, für vietnamesische Verhältnisse, saftigen Rechnung verlassen. Alleine für das Zimmer für ein paar Stunden werden 30 US$ verrechnet. Wir fahren in unser Quartier zurück und lassen es für heute gut sein.
Alles wird gut. Gute Nacht Mui Ne.