Varanasi

Erwachen im Hardcore Indien.

Bei Sonnenaufgang machten wir uns auf den Weg zum Ganges, um einer Feuerbestattung beizuwohnen.

Good Morning, Varanasi

Unser Eindruck von gestern konnte heute Früh trotz Sonnenschein nicht entschärft werden. Vorbei an Kackhaufen und Lacken und sonstigem Dreck, gingen wir zum Ghat.
Kaum angekommen, wurden wir natürlich schon vom ersten Helfer angesprochen. Dreckig, abgesandelt und unter Drogen wollte er uns erklären, dass er für die Vorbereitung der Leichen zuständig ist und dann plötzlich zeigte er auf ein leeres und für den Abbruch bereitstehendes Haus, welches angeblich das Hospital sein soll, welches zu unserer Überraschung von ihm gemanaged wird. Er redete non-stop auf uns ein und selbst als wir schon unhöflich waren, wollte er nicht stoppen. Irgendwann kam dann zum Glück ein weiterer Tourist, auf den er sich stürzen konnte.

Die Beisetzungen bei uns, aber der Dreck rundum löste bei uns ein eigenartiges Gefühl aus.

Es ist verboten Fotos zu machen, es gibt davon allerdings Videos auf YouTube zu sehen. Der Beitrag unten zeigt Aufnahmen von jener Stelle, wo wir heute waren.

Wir gingen zurück zum Hotel und ruhten uns bis zum Frühstück aus. Danach machten wir uns auf den Weg ins Zentrum, haben diesmal aber die Ghats ausgelassen und stattdessen die schmalen, engen Gassen gewählt.

Narrow alleys

Unser erstes Ziel war der Shri Kashi Vishwanath Tempel, einer der bekanntesten Shiva Tempel Indiens, wo hunderte Inder mit deren großzügigen Gaben auf den Einlass warteten. Wir mussten bis auf den Reisepass und die Geldbörse alles in einen Spind geben. Der Gedanke daran, dass wir die teure Fotoausrüstung zurück lassen mussten, machte uns etwas nervös. Wir legten unsere pessimistischen Gedanken ab und wurden auch gleich aufgefordert, einen Korb mit Gaben zu kaufen, der neben Ketten aus Blüten auch Pulver für die Tika und Zuckerperlen beinhaltete. Vorbei an jeder Menge Einheimischen landeten wir schließlich bei der Security, die uns mitteilte, dass der Tempel soeben geschlossen hat und erst in einer Stunde wieder öffnet. Irgendwie schafften wir es dann doch gleich hinein und gaben uns der indischen Bürokratie hin. Drei Beamte baten uns um die Reisepässe und forderten uns auf hinzusetzen. Es vergingen einige Minuten ehe uns aufgetragen wurden unsere Schuhe auszuziehen und in den Tempel weiterzugehen. Wieder vorbei an hunderten Menschen, die geduldig auf den Einlass in knapp einer Stunde warteten.

Der Boden am Tempelgelände war nass und schmutzig und vermischte sich mit einer Flüssigkeit die aus Müllsäcken geronnen kam. Es war ein entsprechender Geruch in der Luft. Wir wurden in einen kleinen Tempel geschoben in dem uns von heiligen Männern ein Teil der Gaben abgenommen und wir mit einem Tika (Stirnmal) belohnt wurden. Nur was sollten wir jetzt mit den restlichen Opfergaben tun? Doch schneller als wir schauen konnten, war auch schon ein Helferlein zur Seite und schob uns in den nächsten kleinen Tempel, wo wir ein Hindi Gebet nachsagen mussten und ein weiters Stirnmal erhielten. Im nächsten Raum wiederholte sich das und unser Helfer feuchtete seine Hand mit dem Wasser vom Boden an und verwischte großzügig die Farben auf unserer Stirn. Inzwischen war die Farbe nicht nur im Gesicht sondern auch auf unseren Armen und der Kleidung verteilt. Im Freien bei der nächsten Gebetsstelle angelangt, mussten wir ein weiteres Gebet nachplappern. So, endlich alle Gebete abgeschlossen! Hastig schob er uns aus dem Tempelgelände raus, um unsere Schuhe und Wertgegenstände abzuholen, schließlich galt es sein Trinkgeld für seine außerordentliche Leistung einzustreifen. Draußen stand immer noch eine sehr lange Menschenschlange.

Tika

Nun brauchten wir erst mal eine Pause. Wir kehrten für ein erfrischendes Getränk ein und desinfizierten gleich mal unsere Füße. Danach im südlichen Teil der Altstadt unterwegs, wirkte Varanasi freundlicher auf uns.

Hello!

Selling boxes

Im Lonely Planet war eine nette Bäckerei beworben, die wir anschließend aufsuchten. Da zu wenig Platz war, wurden wir zum Tisch eines deutschen Backpackers gesetzt. Wir führten eine sehr nette Unterhaltung mit ihm und gingen im Anschluss noch gemeinsam essen. Jan ist schon über 2 Monate vorwiegend alleine in Indien unterwegs und wir konnten unsere Erfahrungen austauschen.

Anschließend machten wir uns entlang der Ghats zu einer Ayurveda Apotheke auf, die aber leider geschlossen hatte.

Ghats

Man washs whatever

Cricket

Die gewonnene Zeit nützten wir für eine Kaffeepause und gönnten uns, für indische Verhältnisse, einen relativ guten Espresso. Natürlich standen auch heute wieder die täglichen Selfies am Programm.

Selfie

Selfie

Am Abend ging es an den Ghats entlang in Richtung Hotel, wo wir noch das bunte Treiben einer Veranstaltung beobachten konnten.

Music festival

Music festival

Holy Dreckfink

Obwohl Varanasi sehr eindrucksvoll ist, lässt es in uns Sehnsucht nach Europa aufkommen – Sauberkeit, nicht permanent als Geldquelle betrachtet zu werden, kaltes Wasser aus der Leitung, gute Gerüche, sich allein unbehelligt als Frau bewegen zu können.

Die Dusche im Zimmer war eine Wohltat.

Anreise Varanasi

Namaste Jodhpur.
Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Tuk Tuk zum Flughafen. Der Flughafen in Jodhpur ist schnuckelig klein und sauber. Wir hatten noch jede Menge Zeit bis zum Abflug nach Dehli. Aber unserer bisherigen Erfahrung nach, muss man in Indien immer einen großzügigen Sicherheitspolster einrechnen.

Wir warteten auf das Boarding, aber es tat sich nichts. Zwischendurch fragten wir einen Flughafenangestellten, ob wir überhaupt richtig sind. Er vertröstete uns mit knappen Worten und bat uns wieder hinzusetzen. Eines haben wir in Indien sicher gelernt: Geduld haben.

Irgendwann wurde ein – oder besser gesagt der einzige – Schalter für das Boarding geöffnet. Nur war dort auf einem Schild eine ganz andere Flugnummer zu lesen. Auch auf der digitalen Tafel war für unseren Flug nach wie vor „On Time“ zu lesen. Auch bei den Durchsagen war nicht unsere Flugnummer rauszuhören. Also hieß es weiter warten. Es kam uns dann doch eigenartig vor, zumal unsere Maschine in Kürze abheben sollte. Wir gingen zum Boarding und fragten, ob es denn auch unseren Flug betrifft. Die Hostess winkte uns hastig durch und schon waren wir im Flugzeug. Wir überlegten, wie viele Passagiere hier Tag für Tag ihre Flüge auf Grund von fehlenden beziehungsweise falschen Angaben verpassen.

Nach 2:40 Stunden landeten wir in Dehli und hatten nun fast 4 Stunden Zeit bis zum Anschlussflug nach Varanasi. Ein schöner Flughafen und sehr sauber, sind wir wirklich noch in Indien?

Airport New Delhi

Wir marschierten gemütlich in die Plaza Premium Lounge und versorgten uns mit Essen und Masala Chai.
Für 18:35 Uhr war unser Boarding geplant. Rechtzeitig verließen wir die Lounge. Ein sechster Sinn sagte uns, unser Gate nochmals zu überprüfen. Tatsächlich wurde es geändert. Musste ja so sein, schließlich gab es heute noch keinen Zwischenfall. Beim Gate angekommen, war bereits der Aufruf für unseren Flug zu hören und wir wurden per Handzeichen aufgefordert, rasch zu unserer Maschine zu laufen, da schon alle Passagiere zugestiegen waren. Ein Blick auf die Uhr bestätigte uns, dass wir sogar noch ein paar Minuten vor dem geplanten Boarding beim Gate waren. Seltsam, aber mit uns kann man es ja machen 😉. Wir verbrachten dann noch eine geschlagene Stunde im Flugzeug bis wir endlich Richtung Varanasi abhoben.

Wir haben uns in den letzten fast zwei Wochen an sehr vieles gewöhnt und scheuen auch nicht tagtäglich einige Hände zu schütteln. Nur an das Rotzen und Aufziehen, welches hauptsächlich von den Männern hier mit voller Hingabe gemacht wird, werden wir uns wohl nicht mehr gewöhnen. Selbst beim Essen hört man ständig jemanden rotzen. Und sie pflegen das allesamt in einer Lautstärke zu tun, die unsere österreichischen Ohren keinesfalls als angenehm empfinden. Sehr grauslich, dass wir das auch erwähnen, aber schließlich sollt ihr unsere Reise so authentisch wie möglich miterleben.

Nach 1:40 landen wir in Varanasi.

Wir rasen mit dem dümmsten Taxifahrer in irrem Tempo und permanentem, meist grundlosem Gehupe nach Varanasi.
Er lässt uns ca. 700 Meter vom Hotel aussteigen, weil es keine Zufahrt zum Hotel gibt. Wir ziehen unsere Trolleys durch unheimliche, dunkle, enge, extrem verdreckte, mit Kuhfladen verzierte und jede Menge Obdachlosen gesäumten Gassen, durch die manchmal noch Motorräder durchbrausten. Im Zick-Zack-Kurs kommen wir nach gut 10 Minuten endlich beim Hotel an. Nachdem wir unser Gepäck im Zimmer hatten, gingen wir noch runter zum Ganges. Vorbei an Stieren, Kühen, Hunden und Obdachlosen machten wir uns mal ein Bild von der Umgebung.

Way to Ganges

Wood for Cremation

Manikarnika Ghat

Soweit wir es bisher einschätzen, ist es die dreckigste Stadt, die wir in Indien gesehen haben. Bosch kurzem Rundgang gingen wir zurück ins Hotel.

Treebo East View Hotel

Jetzt ist Schlafenszeit, denn wir müssen morgen vor Sonnenaufgang raus aus den Federn.

Good Night

Jodhpur

Erstes Erwachen in der blauen Stadt.

Blue City

Wir frühstückten in unserem Haveli und machten uns dann zu Fuß rauf zum Fort, ein ziemlich steiler und anstrengender Weg bei der Hitze.

Mehrangarh Fort

Mit Audio Guides ausgerüstet besichtigten wir das Fort. Jetzt könnte man glauben, dass es langsam langweilig sein könnte, wenn man in jeder Stadt ein Fort besichtigt. Aber dieses gefiel uns dann doch am besten, weil es im Vergleich zu den beiden anderen in Agra und Jaipur zwar auch eine sehr martialische Festung ist zugleich aber im Inneren eine sehr angenehme Atmosphäre hat.

Mehrangarh Fort

Mehrangarh Fort

Der Fußweg runter in die Stadt ließ uns wieder auf viele nette Menschen treffen. Es ist für uns immer noch unfassbar, welche Reaktion man hier als Europäer auslöst. Die Kinder laufen uns oft nach uns Fragen, soweit deren Englischkenntnisse reichen.

Nach einer kurzen Stärkung bei Lassi und Fruchtsäften, ging es zu Fuß weiter zum Sardar Markt. Ein Farbenmeer lag vor uns – bunte Früchte und Stoffe, wohin das Auge reichte. Dazu noch die vielen Frauen mit ihren bunten Gewändern. Jodhpur ist bisher die bunteste Stadt auf unserer Reise. Es herrschte wieder Höllenverkehr und Fußgänger mischten sich mit Motorrädern und Tuk Tuk’s. Es ist jedes Mal wieder ein Erlebnis und doch kommt man irgendwie voran und bekommt den täglichen Schwermetallcocktail ab.

Crazy Traffic

Anschließend machten wir uns auf die Suche nach einem Spicy Shop der im Lonely Planet empfohlen wird. Natürlich wäre es nicht Indien, wenn wir am Weg dorthin nicht wieder angesprochen und in eine andere Richtung, nämlich zum Markt für die Einheimischen geschickt worden wären. Denn dort, so sagte uns der Einheimische, wird kein Unterschied gemacht, ob man braun oder weiß ist, alle bekommen den selben Preis. Das war wohl der Witz des Tages, zumal wir es von Beginn an unserer Reise jeden Tag ganz anders erleben. Schon kurz drauf spricht uns ein anderer Inder an, der sich von gestern Abend an uns erinnern konnte, er wusste sogar in welchem Haveli wir untergebracht sind. Da wir gestern bei unserer Ankunft mit so vielen Menschen gesprochen haben, konnten wir uns nicht mehr daran erinnern. Wir fragten nach den M.V. Spices Shop und er gab uns zu verstehen, dass wir in die falsche Richtung laufen. Jetzt muss man sagen, dass die allesamt sehr vertrauenserweckend wirken, in Wirklichkeit muss man aber immer davon ausgehen, dass sie schwindeln und nur darauf aus sind, Provision zu kassieren, wenn sie einen Kunden bringen. So landet man meist in einem ganz anderen Geschäft, als man tatsächlich vor hatte. Aber heute sollte es anders sein. Google Maps sei Dank, landeten wir bei M.V. Spices.

M.V. Spices

Das Geschäft hat eine gewisse Tradition und wird seit dem Tod des Inhabers von seinen 7 Töchtern geführt. Wir wurden sehr nett empfangen und bekamen Tee serviert. Die Gewürze waren alle sehr sauber verpackt, was man von den bisherigen Gewürzläden nicht behaupten kann. Wir konnten einiges verkosten und kauften ein paar Gewürze ein, damit wir künftig noch besseres indisches Curry kochen können.

M.V. Spices

Die junge Frau erzählte uns, wie schwer es ist, als Frau Geschäfte in Indien zu machen. Man wird hier ständig über den Tisch gezogen, aber sie wirkt fest entschlossen, das Unternehmen erfolgreich weiterzuführen.

M.V. Spices
www.mvspices.com
Shop No. 107, Nai Sarak, Jodhpur

Das Familienunternehmen legt großen Wert darauf, beste Ware einzukaufen und entsprechend zu verarbeiten. Wir werden es zu Hause bald testen können.

Um 22 Uhr machten wir uns auf den Weg zum Fest anlässlich des Fastenbrechen der Frauen. Die ganze Stadt war eine Partyzone und man hatte das Gefühl, dass alle Einheimischen auf der Straße waren. Auf jeder Ecke waren Bühnen aufgebaut und Musik kam in übertriebener Lautstärke aus den Boxen, die regelmäßig übersteuerten und ein furchtbarer Pfeifton ertönte.

Festival

Festival

Wir schüttelten wieder jede Menge Hände und beantworteten auch wieder die obligatorischen Fragen „Where are you from?“, „What’s your Name?“, „Are you married?“. Es fühlte sich an wie Hollywood in Bollywood. Zwischendurch mussten wir uns durch die Menschenmengen wühlen. Wobei ein Grapscher von Manuela ein paar auf die Finger bekommen hat, damit hat er wohl nicht gerechnet. Die Frauen hatten wunderschöne, bunte Kleider an und waren mit verzierten Stöcken ausgerüstet. Nachdem sie jetzt 30 Tage lang gefastet haben, feiern sie heute das Ende der Fastenzeit und dürfen die Männer damit schlagen. Wobei man erwähnen muss, dass die Frauen dabei sehr sanft und vorsichtig waren.