Kōya-san – Nara – Osaka

Heute Früh müssen wir zeitig unser Matratzenlager verlassen. Um 7 Uhr beginnt schon das Morgenritual mit den Mönchen im Haupttempel. Sie rezitieren die Sutren in wunderschöner Atmosphäre.

Anschließend begeben wir uns in einen kleinen Tempel im Aussenbereich, wo die morgendliche Feuerzeremonie stattfindet.

Nach gut einer Stunde im Schneidersitz müssen wir unsere Beine erst mal wiederbeleben, um aufs Zimmer zurück gehen zu können, wo auch gleich das vegane Frühstück serviert wird.

Nachdem uns der Friedhof gestern Nacht so sehr begeistert hat, wollen wir diesem auch bei Tageslicht nochmals einen Besuch abstatten. Er gleicht einem Zauberwald und es fühlt sich so an, als würde jeden Moment eine Fee erscheinen. Alte Steine mit Moos überwachsen, riesige alte Bäume, bei denen es sich hauptsächlich um japanische Zedernbäume handelt, viele schöne Skulpturen an denen sichtlich der Zahn der Zeit nagt.

Es findet gleich das Speiseritual für Kôbô Daishis Essen statt. Die Mönche tragen eine große Kiste, in der sich das Essen befindet, zum Tempel am Hügel. Dort rezitieren sie wieder Sutren.

Mit dem Auto treten wir die Reise nach Osaka an. Stefan fühlt sich heute ein bisschen schlapp und meint, dass es aufgrund der veganen Speisen ist. Das Frühstück war alles andere als nahrhaft und den kalten, mit Wasser vollgesaugten Tofu haben wir ausgelassen. Am Weg wollen wir einen Abstecher nach Nara machen. Dort besichtigen wir den Tempel, in dem der „Big Buddha“ zu sehen ist.

In Nara laufen seit Menschengedenken in der gesamten Stadt Rehe herum. Sie überqueren seelenruhig die Straßen, betteln vor Geschäften und Shops um Futter und sind überhaupt nicht menschenscheu.

Wir müssen auch schon wieder weiter, da wir das Mietauto um 18 Uhr in Osaka zurück geben müssen, es klappt alles wie geplant.

Trotz dem Kampf mit dem Navi in japanischer Sprache, kommen wir pünktlich in Osaka an. Osaka ist eine Businessstadt und wirtschaftliches Zentrum der Region. Die Stadt verzeichnet 2,7 Millionen Einwohner.

Gleich nach dem Einchecken machen wir uns zu Fuß ins bunte Treiben der Stadt. Unterwegs kehren wir auf ein paar kulinarische Kostproben bei diversen Straßenküchen ein.

Es ist unfassbar, was hier los ist. Es blinkt und leuchtet überall, es gibt kein Gebäude ohne überdimensionierte Leuchtreklame. Hinzu kommt laute Musik oder Geräusche aus den vielen Automaten.

Wir sind total reizüberflutet, finden die Stadt aber trotzdem cool. Wir suchen uns ein Teriyakilokal und bekommen Plätze an der Bar zugeordnet.

Wir nehmen das Chef Menue, der Koch bereitet unterschiedliche Happen für uns zu, bis wir stoppen und die weitere Auswahl selbst treffen können oder eben das Essen beenden. Es war köstlich und wir führen eine angenehme Unterhaltung mit den beiden Köchen, die uns auch wieder Tipps für die Weiterreise geben. Nachdem wir uns beim Personal auf japanisch bedanken und verabschieden, erklärt uns die Kellnerin, dass man in Osaka andere Vokabeln dafür verwendet. Die Einwohner Osakas sprechen einen japanischen Dialekt, der Ōsaka-ben genannt wird. Osaka ist zudem als „Küche Japans“ bekannt. Fragt man die Einheimischen, welche Sehenswürdigkeiten man in Osaka besichtigen soll, antworten sie mit „just eating“.

Nach dem Abendessen geben wir uns wieder der Reizüberflutung hin und machen auch noch einen Abstecher in ein Kaufhaus, weil uns fasziniert, was es hier alles zu kaufen gibt. So viel Zeug, das wir im Leben nicht kaufen würden. Einen Screen Cleaner fürs Handy, Unmengen an Kleider, Röcken, Kimonos, Schuhe uvm. für Hunde und Katzen. Dabei sieht man auch in Osaka so gut wie keine Hunde. Auf den Straßen stehen alle paar Meter unzählige Automaten, die diese kleinen Plastikbälle mit einer Überraschung anbieten. Wir zählten auf einem Fleck mehr als 140 Automaten. Die Einheimischen sind wirklich lustig und eigentlich sehr kindisch.

Am Heimweg ins Hotel kehren wir noch in einer Bar auf einen Sake ein.

Gute Nacht, crazy Osaka.

Kōya-san

Gleich nach dem Frühstück, holen wir unser Mietauto ab. Wir werden darauf hingewiesen, dass man in Japan auf den Straßen nicht parken darf. Tut man es doch, muss man mit einer Strafe von rund 250 Euro rechnen. Es ist uns schon die letzten Tage aufgefallen, dass die Autos nur auf den Farbahnen zu sehen sind. Ich glaube mich daran erinnern zu können, dass mir eine japanische Urlauberin mal erzählt hat, dass man in Japan ein Auto nur dann kaufen kann, wenn man einen Parkplatz vorweisen kann.

Das Fahren im Linksverkehr ist anfangs amüsant, aber wir gewöhnen uns sehr rasch daran und nach drei Stunden Fahrt und einer ewig langen Serpentinenstraße, kommen wir in Kōya-san am heiligen Berg an.

In unserem Tempel Eko-In empfängt uns ein Mönch freundlich und informiert uns über die Gepflogenheiten und die Aktivitäten im Tempel.

In Kōya-san gibt es in der Zwischenzeit nur noch rund 115 aktive Tempel, wobei etwas über 50 davon auch für Touristen bewohnbar sind. Die Siedlung ist ein einflussreiches Zentrum der buddhistischen Shingon-Lehre.

Wir beziehen unser Zimmer, dessen Mittelpunkt der Teppich in der Mitte des Zimmers darstellt. Auf diesem wird gefrühstückt, zu Abend gegessen und auch geschlafen. Das WC ist am Gang und es gibt ein Gemeinschaftsbad (Onsen), welches zu fixen Zeiten jeweils in der Früh und am Abend benützt werden darf.

Im Wintergarten unseres Zimmers machen wir gleich mal heißen Tee. In den Räumlichkeiten ist es überall sehr kalt. Die Häuser sind nicht isoliert und die Außenwände sehr dünn. Das gesamte Haus verfügt über Schiebetüren, wobei die Aussentüren genauso filigran sind wie die Innentüren, deshalb ist es sehr schwer, die Räume zu beheizen. In den Wohnräumen stehen überall Heizstrahler, die auf Hochtouren laufen. Am besten, man setzt sich in die Nähe eines solchen, denn auch von den Wänden strahlt Kälte ab.

Ein Mönch bringt uns auf Anfrage Bögen mit Herz-Sutratexten, die wir mit Pinsel und Tinte nachzeichnen können.

Das Herz-Sutra wird auch als Zusammenfassung der Prajñāpāramitā-Literatur betrachtet, einer sechshundertbändigen Bearbeitung der Lehre Buddhas.

Am späteren Nachmittag wird im Meditationtempel meditiert, da möchten wir pünktlich sein. Wir nehmen am Meditationspolster am Boden Platz und bekommen eine kurze Einführung von einem Mönch. Eine große Herausforderung stellt das Sitzen im Schneidersitz und auch die Konzentration dar. Wir sollen mit halbverschlossenen Augen beim Ein- und Ausatmen bis 10 zählen, wobei man durch die Nase einatmen und bei den ersten drei Atemzügen durch den Mund ausatmen soll, die weiteren sieben nur durch die Nase. Diesen Vorgang wiederholen wir während der gesamten Meditation, jeder für sich. Das klingt einfach, stellt sich dann aber doch als schwierig dar, weil sich immer wieder Gedanken von aussen im Kopf breit machen. Nach einer halben Stunde ist die Meditation beendet und wir gehen durchgefroren zurück aufs Zimmer, wo auch gleich das Abendessen serviert wird. Der Tisch wird weggeschoben und das Essen am Teppich angerichtet. Es sieht toll aus und schmeckt auch recht gut.

Nach dem Essen bringen die Mönche die Matratzen und die Bettwäsche ins Zimmer.

Dann ist es auch schon Zeit, um zur Nachtwanderung zum nahegelegenen Friedhof Okunoin aufzubrechen.

Kōya-san ist 3 Kilometer lang und nur 2 Kilometer breit. Der Okunoin nimmt einen Großteil der Stadt ein und ist ein Wald aus zweihunderttausend Grabstätten und trägt zur mysteriösen Aura des Bergs Kōya bei.

Die Stimmung der Nacht wirkt sich da noch verstärkt aus.

Auf diesem Friedhof steht das Mausoleum von Kôbô Daishi, dem Begründer des japanischen Shingong Buddhismus.

Unzählige Legenden spinnen sich um seine Existenz und viele glauben, dass er noch am Leben sei und in den Tiefen des Friedhofs meditiere. Auf dem Friedhof gibt es eigens eine Küche, in der die Mönche täglich frisches Essen für Kôbô Daishi zubereiten.

Wieder zurück im Tempel gehen wir noch ins Onsen. Ein Gemeinschaftsbad, getrennt zwischen Männer und Frauen.

Man sitzt nebeneinander auf einem Hocker und duscht sich erst einmal ab. Anschließend geht man in das Becken mit sehr heißem Wasser. Die Temperatur ist in dem Fall sehr angenehm, da wir seit unserer Ankunft im Tempel frieren. Nach dem ersten Bad im Wasser, setzt man sich nochmals zum Duschen auf den Hocker, seift sich ordentlich ein, duscht sich nochmals ab und setzt sich anschließend nochmals ins heiße Becken. Nach dem Verlassen des Beckens beim zweiten Mal, soll man das Wasser nicht mehr abwaschen. In unsere Kimonos gewickelt gehen wir durch die eisigen Gänge zurück in unser Zimmer und freuen uns auf die dicken Federdecken.

Gute Nacht, Kōya-san