Tag 5 auf See – die Nachtwachen
Position: irgendwo im Südwesten von Las Palmas, mitten im Atlantik – 27°28.22’N 015°42.06’W
Unser neues Nachtwache System hat sich bewährt und positiv auf unsere körperliche Verfassung und Psyche ausgewirkt. Jeder hat sechs Stunden durchgehend in seinem Bett schlafen können, und weitere drei Stunden in Montur auf Deck.
Warum Nachtwachen? Wir segeln ja 24 Stunden am Tag – sprich die ganze Nacht durch. Und obwohl dieses Meer so riesengroß ist, ist der häufigste Unfallsgrund eine Kollision mit einem anderen Schiff. Vor allem die großen Frachtschiffe sind für uns Segler gefährlich, da diese meist den Autopiloten einschalten und keine Nachtwache schieben. Eine Kollision mit einem Segelschiff wie unserem würden die gar nicht merken – wir allerdings schon. Deshalb nehmen wir die Nachtwachen sehr ernst – auch wenn sie teilweise sehr anstrengend sind:
Man sitzt stundenlang da und schaut alle 15 Minuten mit dem Feldstecher den Horizont nach Schiffen ab. Sonst achtet man, dass die Segelstellung gemäß dem Wind und dem angepeilten Kurs passt, beobachtet die Wolken und das Wetter im allgemeinen, refft gegebenenfalls die Segel, oder ändert den Kurs. Es wird ziemlich kalt während der Nacht.
Wohl nicht so kalt wie bei Euch da oben im Norden, aber der Wind und die fehlende Bewegung bringen uns zum frösteln. Somit sind wir eingepackt wie im Winter, und oben drüber die Rettungsweste samt Lifeline, mit der wir ständig angeleint sind.
Zeitweise ist es schwierig wach zu bleiben. Gegen Ende der Wache schaut man alle paar Sekunden auf die Uhr, man befiehlt sich selbst wach zu bleiben, und ärgert sich umso mehr wenn man dann doch eingenickt ist und bei einer Welle von der Bank gefallen ist.
Je länger man in die Dunkelheit schaut, umso mehr scheint man da draussen zu sehen. Entweder spielt einem da die Müdigkeit einen Streich, oder ist es die Psyche, die einem doch einmal ein Erfolgserlebnis geben will?
Die Schichtwechsel gehen mittlerweile sehr wortkarg vor sich. Man weckt sich 10 Minuten vor dem Wechsel damit sich die Ablösenden anziehen und mit der nötigen Nascherei bewaffnen können, zeigt dann kurz in die Richtung, in der man das letzte Schiff gesehen hat, und geht schlafen. Die letzte Schicht endet quasi mit einer neuen, die aber nicht mehr zeitlich begrenzt ist.
Sprich untertags macht jeder was er will. Es gibt nur einen Termin am Tag der Fix ist: unsere 12 Uhr Position zu ermittlen und an das ARC Büro zu schicken.
Lasst uns hoffen dass bald mehr wind aufkommt (der Spinnaker fehlt uns), sonst rutschen wir noch auf den letzten Platz zurück…
Zu Euren Beschwerden wegen zu weniger Fotos: Es funktioniert nicht immer, die Fotos zu laden. Abgesehen davon können wir Euch nicht mehr so viel abwechslungsreiche Bilder liefern – zumindest was die Landschaft betrifft.