Medellín

Der heutige Tag steht ganz im Zeichen von Medellín.

Medellín ist eine soweit passable Stadt, die jedoch eine äußerst gewaltreiche Geschichte hat. Bis vor einigen Jahren zählte sie noch zu den gefährlichsten Städten der Welt. Mittlerweile ist die Stadt des “Ewigen Frühlings” jedoch eine moderne Stadt und gilt als relativ sicher.

Gleich in der Früh starten wir los. Wir haben uns für eine geführte Tour entschieden, um mehr über Medellín, das Land und die Leute in Erfahrung zu bringen. Der Schwerpunkt dieser Tour, die für gute 3 Stunden angesetzt ist, ist die Comuna 13.

Wir fahren mit der Metro ein ganzes Stück in einen anderen Stadtteil.

Die Metro in Medellín ist nicht nur unglaublich sauber und modern, sondern sie fährt auch unter freiem Himmel. Sie führt durch die ganze Stadt hindurch und erlaubt einen wundervollen Blick auf die Stadt.

In Medellín gibt es 16 Comunas, die zwischen 1 und 6 klassifiziert sind. Wobei 1 sehr arm bedeutet und 5-6 als wohlhabend gesehen wird. Die Qualifizierung erfolgt aufgrund der Ausbildung, des Jobs und dem Einkommen .

Unser Guide Stiven ist selbst in der Comuna 13 aufgewachsen, die in den 80 und 90er Jahren als die ärmste und gefährlichste Comuna weltweit galt.

Pablo Escobar hat die Armut dieser Comuna ausgenützt. Da die Menschen zu der Zeit weder Geld noch Arbeit hatten, bot er ihnen beides, um gewann sie so für seine kriminellen Machenschaften.

Den Namen Escobar’s sprechen die Kolumbianer heute nicht mehr aus. Zu schmerzhaft sind die Erinnerung an diese von Gewalt und Grausamkeit begleitete Zeit. Wenn sie über ihn reden, verwenden sie die Kürzel P.E.

Stiven lebt heute noch hier. Die Comuna 13 ist bekannt für die vielen Graffitis und Murals.

Aber auch die Rolltreppen erleichtern das Leben der Bewohner dieses steilen Hügels massiv.

Jeder Hügel der Comuna hat ihren Schwerpunkt. Einer ist bekannt für gutes traditionelles Essen, ein anderer für Textilprodukte usw.)

Stiven erzählt viel über die Geschichte, die Probleme mit den Drogen, welche Kolumbien bis heute immer noch hat. Man merkt, wie emotional all diese Themen immer noch für ihn sind, wenn er von den Paramilitärs und den Guerillas von damals spricht und welch grausame Erlebnisse er in seiner Kindheit beobachtet haben muss.

Ich bin in solchen Momenten immer besonders dankbar, in Österreich aufgewachsen zu sein.

Inzwischen wurden die Guerillas reintegriert und sie bekamen sogar Sitze im Senat, um ihre Anliegen zu vertreten. Stiven betont immer wieder, dass Kolumbien nach wie vor ein massives Problem mit dem Drogenhandel hat, wenngleich sich die Verteilung verlagert hat. Die Einnahmen durch den Drogenhandel steigen von Jahr zu Jahr, aber Kolumbien ist nicht mehr der große Dealer, sondern liefert jetzt an andere Große, die die Verteilung übernehmen. Derzeit gilt Mexiko als großer Abnehmer.

Es ist ca. 30 Jahre her, als in Medellín noch ca. 18 Menschen pro Tag brutal ermordet wurden.

Im Vorjahr wurden in dieser Stadt „nur“ noch 2 Personen pro Tag ermordet. Das ist zwar deutlich weniger, aber immer noch zu viel. Wobei man am Rande erwähnen muss, dass es sich hierbei mehr um Morde innerhalb der Familie handelt. Das ändert natürlich nichts an der Tragödie, allerdings soll es eine nachweisliche Veränderung in dieser einst von brutaler Gewalt gezeichneten Stadt aufzeigen.

Die Banden von damals gibt es heute nicht mehr in dieser Größenordnung. Auch sind die Banden heute nicht mehr so gewaltbereit. Sie beschützen heute die Bevölkerung, allerdings gegen eine Gebühr. Jedes Unternehmen, egal ob es der Straßenverkäufer ist oder die große Firma, hat von den monatlichen Einnahmen 1% an die jeweilige Bande abzugeben. Die Bandenmitglieder holen sich die Abgaben persönlich beim jeweiligen Unternehmen ab.

In Medellín ist mir besonders negativ aufgefallen, wie viele Mütter am Abend mit ihren Kindern auf der Straße sitzen und betteln. Es zerreißt mir dabei fast mein Herz. Diese Kinder haben keinerlei Perspektive. In Kolumbien gibt es keine Schulpflicht. Allerdings gibt es viele Schulen, die aufgrund der begrenzten Kapazitäten im Schichtbetrieb geführt werden. Der Unterricht findet von 6 Uhr bis 12 Uhr mittags statt und dann kommen schon die Schüler der zweiten Schicht von 12 Uhr bis 18 Uhr zum Unterricht. So kann man möglichst vielen Kindern eine schulische Bildung ermöglichen, die übrigens kostenlos ist.

Es gibt auch eine tolle Betreuung ausserhalb der Schulzeit, die Möglichkeit zum Lernen als auch für sportliche Zwecke bietet. Alles in allem sehr fortschrittlich. Dennoch gibt es genug Kinder, die die Schule nicht besuchen. Einerseits, weil sie arbeiten und so zum Familieneinkommen beitragen oder betteln.

Stiven erzählt uns, dass es viele Foundations gibt, die Kinder in ihrer Entwicklung unterstützen.

Es gibt die Foundation für Hip Hop oder zum Englisch lernen und einige mehr.

Er selbst ist in einer armen Comune aufgewachsen, hat viermal den Aufnahmetest für die öffentliche Highschool versucht und hat es nie bis zur Aufnahme geschafft, weil jeweils nur 5-10% der Bewerber aufgenommen werden. Eine private Highschool war für die Familie nicht leistbar. Er hat Dank der Foundation Englisch gelernt und arbeitet seither als professioneller Tourguide. Sein Englisch ist sensationell, es spricht perfektes amerikanische Englisch, wirklich sehr beeindruckend. Dank dieser Foundations bekommen junge Leute trotz eines armen Backgrounds die Möglichkeit, etwas aus ihrem Leben zu machen und Ziele zu erreichen.

Nach der Tour gehen wir noch im Alleingang durch die Comune. Es ist sehr touristisch hier.

Aber zu unserem Erstaunen, gibt es immer wieder auch nette Galerien.

Ein plötzlicher Regenguß führt uns in ein Rooftop Lokal. Wir sind hier die einzigen Touristen und werden sehr nett empfangen.

Nach dem Essen verlassen wir mit dem Bus die Comuna.

Unser nächstes Ziel sind zwei weitere Comunen auf einem anderen Berg. Wir fahren 20 Minuten mit der Seilbahn über zwei Berge.

Hätte uns vorher jemand erzählt, dass es in Comunen eine derartig moderne Seilbahnanlage gibt, wir hätten es nicht für möglich gehalten. Doch dieser bessere Anschluss der Armenviertel auch auch deren Lebenssituation verbessert.

Nachdem es immer noch leicht regnet, sehen wir uns diese Comunen nur von der Seilbahn aus an. Das ist auch ausreichend. Die Häuser sind sehr dicht aneinander gebaut und die meisten in einem desolaten Zustand.

Wir fahren der Metro zurück und gehen wieder in unser Café.

Ein anschließender Spaziergang führt uns in ein sehr nettes Restaurant. Dort genießen wir ein kulinarisches Verwöhnprogramm.

Die laue Nacht an unserem letzten Abend in Medellín genießen wir dann noch auf unserer kleinen Terrasse.

Buena Noche Medellín

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