Kyoto – Bambuswald und Samurai

Nach dem Frühstück in der Boulangerie, fahren wir mit dem Bus zum Bambuswald Arashiyama. Eine längere Fahrt, auf der wir beobachten, wie diszipliniert und respektvoll der Umgang miteinander in diesem Land ist. Sobald ältere Menschen einsteigen, wird ein Platz freigemacht und auch sonst sind nur freundliche Gesten zu beobachten. Akustisch ist es auch sehr angenehm, da Unterhaltungen in angenehmer Lautstärke geführt werden. Was uns aber am meisten fasziniert, ist die Sauberkeit in dieser Stadt. Wir haben bisher noch keinen Müll oder Zigarettenstummel auf der Straße gesehen, obwohl es nur wenige Mülltonnen im öffentlichen Bereich gibt. Auf den Straßen ist seit noch nicht allzu langer Zeit das Rauchen untersagt und selbst in den Restaurants wird nicht mehr geraucht, obwohl das Gesetz erst mit April dieses Jahres in Kraft tritt. Irgendwie hat man das Gefühl, dass jeder Einzelne darauf wert legt, die Stadt schön und sauber zu halten.

Wir sind in Arashiyama angekommen. Der Ort von landschaftlicher Schönheit befindet sich am westlichen Stadtrand von Kyōto. Riesige Bambusbäume so weit das Auge reicht.

Die Wege durch den Wald sind gesäumt mit Bambushecken und Bambuszäunen, selbst Wegsperren werden aus Bambusstämmen errichtet. Ein sehr angenehmes Klima herrscht hier.

Es waren natürlich einige Touristen hier, aber es war keinesfalls überlaufen, wie es noch bis vor wenigen Wochen angeblich war. Das hat uns am Vorabend einer der Restaurantbesucher bereits gesagt. Bis vor kurzem konnte man hier kaum durchgehen, aber seit dem Coronavirus bleiben die Touristen aus China fern. Er selbst lebt seit 30 Jahren in Kyōto und hat jetzt erst begonnen, die ersten Sehenswürdigkeiten zu besuchen, da ihm davor immer zu viel los war. Ein nettes Bild geben die Rikschas ab. Laufend ziehen die Burschen die Rikschas hinter sich her. Ist in Japan immer noch verbreitet.

Next Stop ist der Toei Kyōto Studio Park. Wir sind erstaunt, wie wenig auch hier los ist. Wir besuchen ein paar Attraktionen, wie „Laser Mission – Escape the Castle, Ninja Mystery House und 3D Maze – The Ninja Fort“ und nehmen anschließend an einer Führung teil, wo wir einiges über die Dreharbeiten der Samuraifilme auf diesem Gelände erfahren.

Es folgt ein Samuraikurs, an dem Stefan und ich teilnehmen und lernen, wie man das Schwert richtig führt.

Kurz bevor das Filmstudio schließt, sehen wir uns noch einen Schwertkampf an und Stefan wird von einem Samurai zum Kampf aufgefordert und besiegt ihn natürlich :).

Mit der U-Bahn geht es zurück ins Stadtzentrum. In den Stationen werden stets Vogelgeräusche über Lautsprecher eingespielt, diesmal ist der Kuckuck zu hören. In Japan hat man es am Allerwertesten gerne warm, so sind nicht nur die Sitze in den U-Bahnen wunderbar gepolstert sondern auch beheizt. Das ist auch in den zahlreichen WC Anlagen zu bemerken. Man findet meist High-Tech WCs vor, die neben einer Sitzheizung auch mit unterschiedlichsten Wasserspritzfunktionen ausgestattet sind.

Aufgrund der Tipps, die uns Nori gestern gegeben hat, haben wir kurzfristig umdisponiert und werden am Sonntag nicht mit dem Zug an unser nächstes Ziel fahren, sondern stattdessen das Auto nehmen. So haben wir die Möglichkeit zwischendurch noch einen Stopp in einem weiteren Ort zu machen. Also suchen wir auf der Heimfahrt noch schnell einen Autovermieter, um ein Auto zu buchen.

Jetzt geht’s zurück ins Hotel, noch schnell frisch machen fürs Abendessen. Wir sind schon sehr hungrig, haben wir doch seit dem Frühstück nichts gegessen und möchten heute Abend eines dieser kleinen Lokale aufsuchen, in denen man an der Theke sitzt und zusieht, wie das Essen zubereitet wird.

Wir entdecken auch schnell eines, in dem keine Touristen sind. Herzhafte Speisen stillen unseren Hunger. Am Heimweg nehmen wir noch einen Sake.

See you tomorrow!

2. Tag in Kyōto

Eigentlich wollten wir heute Früh sehr zeitig in den Bambuswald Arashiyama fahren. Nachdem wir gestern Abend aber erfahren haben, dass man im Moment zu jeder Tageszeit hinfahren kann, da es auf Grund der Virushysterie keinen Ansturm von Touristen gibt, haben wir keine Eile. Als es dann auch noch ein wenig zu regnen beginnt, verschieben wir den Besuch auf morgen. In der Boulangerie Shinshinto in der Nähe genießen wir köstliches Frühstück und planen währenddessen unsere Tour für den heutigen Tag.

Wir starten mit dem Fushimi Inari Schrein.
Der faszinierenden Schrein wurde im 8. Jahrhundert dem Reis- und Sakegott gewidmet. Durch die Hügel windet sich ein zauberhafter, scheinbar unendlicher Weg durch 5000 leuchtend orangene Tore, die sogenannten „Torii“.

Das macht diesen Schrein zu einem der beliebtesten in ganz Japan. Beim Spaziergang durch die höheren Ebenen sieht man auch zahlreiche Kleinschreine, Friedhöfe und Fuchsstatuen am Weg.

Der Fuchs wird als Bote des Getreidegottes Inari angesehen. Die Schlüssel, die die Füchse oft im Maul tragen, stellen die Schlüssel zu den Getreidespeichern dar. Dieser Schrein ist das zentrale Heiligtum für die insgesamt rund 40.000 Inari-Schreine in ganz Japan. Der Spaziergang entlang der Toriis erweist sich als richtiges Workout.

Wir bringen einige Kilometer hinter uns und unsere Fitness App verrät uns, dass wir insgesamt 66 Stockwerke bewältigt haben. Aber selbst die Mädchen und Frauen in ihren Kimonos und den Schlapfen zappeln die vielen Stufen entlang.

Jetzt wird es Zeit aufzubrechen, da wir uns für eine Tea Ceremony um 15:30 Uhr angemeldet haben. Wir nehmen zuerst den Zug zurück nach Kyōto und treffen auch hier wieder viele freundliche Menschen.

Als wir umsteigen, um den Bus zu nehmen, erfahren wir, das dieser heute nicht wie erwartet fährt. Wir sind schon knapp dran und nehmen ein Taxi. Unsere erste Taxifahrt in Japan. Die Hintertüre öffnet automatisch und die Sitze sind mit Spitzendecken überzogen. Ein witziger Anblick. Der Fahrer trägt Handschuhe und einen Mundschutz, um sich vor dem Coronavirus zu schützen. In Kyoto tragen rund 80 Prozent der Leute einen Mundschutz. Es entsteht dadurch ein seltsames Bild.

Pünktlich kommen wir im Teehaus an und erfahren, dass wir die einzigen sind. Eine private Tea Ceremony, so mögen wir das. Die Teezeremonienmeisterin erklärt uns einiges über die Entwicklung des Tees und dessen Zubereitung.

The way of tea or 茶道 umfasst die nachfolgenden 4 Prinzipien:

Harmony 和 (wa)
Respect 敬 (kei)
Purity 清 (sei)
Tranquility 寂 (jaku)

Ausserdem lautet der Leitsatz: Everyday is a good day.

Dieses Gefühl haben wir schon seit unserer Ankunft. Wir sind bisher nur auf positive und freundliche Menschen getroffen.

Die Meisterin bereitet uns Matcha Tee zu und erklärt uns genau, welche Verhaltensregeln dabei einzuhalten sind.

Sie erzählt uns auch, dass sie seit 5 Jahren die Ausbildung zur Teezeremonienmeisterin macht und diese noch weitere 5 Jahre andauern wird. Am Ende der Session bereiten wir noch selbst eine Tasse Matcha Tee zu. Inzwischen ist es 16:30 Uhr, wir haben seit dem Frühstück nichts gegessen. Die Meisterin empfiehlt uns ein Sushi Lokal in der Nähe.

Zuvor möchten wir aber noch schnell den Goldenen Tempel „Kinkakuji“ ganz in der Nähe des Teehauses besichtigen. Während der Teezeremonie wurde die Sonne vom Regen abgelöst und es ist deutlich kälter. Wir lassen uns davon aber nicht abhalten und gehen das Tempelgelände ab.

Der Tempel ist mit Blattgold verkleidet, welches heute zum Schutz des Gebäudes fünf Mal so dick ist wie ursprünglich. Außerdem ist der Tempel für seine drei unterschiedlichen Baustile und den angrenzenden Spiegelteich bekannt, der mehrere kleine Inseln und Felsen umschließt.

Durchgefroren machen wir uns zu Fuß auf den Weg zu dem Sushi Restaurant hajime. Wir sind die einzigen Gäste und verstehen uns von Beginn an gut mit dem Chef.

Nori ist ebenfalls Weinliebhaber und erzählt uns stolz, dass er demnächst wieder nach Frankreich reisen wird. Er zaubert vor uns ein mehrgängiges Überraschungsmenü zu.

Dieses Sashimi und Sushi löst eine Geschmacksexplosion am Gaumen aus. Es ist nicht vergleichbar mit Sushi in Europa. Die Japaner verwenden keinen Lachs für das Sushi, nehmen auch nur wenig Reis und nur ganz wenig Sojasauce, wobei nur der Fisch ein wenig damit benetzt wird, keinesfalls darf der Reis darin getunkt werden. Es kommen noch zwei weitere Japaner dazu und so unterhalten wir uns den restlichen Abend mit Ihnen und bekommen erstklassige Tipps für unsere nächsten Ziele auf unserer Reise. Dieser Abend wird uns ewig in Erinnerung bleiben.

Kombanwa Kyōto

Ankunft in Kyoto

Landeanflug auf Tokio. Exakt 10,5 Stunden und 9.247 Kilometer später von zu Hause entfernt, landen wir am Flughafen Haneda in Tokio. Es war ein sehr angenehmer Flug. Es waren großteils Japaner an Board. Wir hatten noch nie so ruhige und disziplinierte Mitreisende an Board. Die Japaner sind sehr darauf bedacht, niemanden zu stören und pflegen einen äußerst respektvollen Umgang mit ihren Mitmenschen.

Es ist 6:30 Uhr Ortszeit, am Flughafen bei BIC Camera kaufen wir gleich die Sim-Datenkarte fürs Handy, damit wir Google Maps verwenden können, sowie die neuen roten Suica Wertkarten für die öffentlichen Verkehrsmittel. Mit dem Monorail fahren wir zur Anschlussstelle vom Shinkansen. Dort kaufen wir am Schalter die Tickets nach Kyōto. Am Weg zum Bahnsteig besorgen wir noch schnell Sushi für die Fahrt und müssen nur wenige Minuten bis zum Eintreffen des spacig wirkenden Schnellzugs warten.

Der Schaltermitarbeiter hat uns zwei Plätze reserviert, dort machen wir es uns gemütlich und schon geht die Fahrt pünktlich um 8:45 Uhr los. Obwohl die Fahrgäste im Zug essen dürfen, ist alles blitzeblank sauber. Wir sind schon sehr hungrig und packen vorsichtig unser mitgebrachtes Sushi aus.

Irgendwie seltsam hier im Zug zu essen, aber es ist tatsächlich erlaubt. Mit 300 km/h braust der Shinkansen die Strecke entlang. Im Inneren merkt man die Geschwindigkeit gar nicht. Nach zweieinhalb Stunden kommen wir in Kyōto an. Um ins Zentrum zu kommen, nehmen wir die U-Bahn und anschließend den Bus. Im Hotel deponieren wir das Gepäck, da unser Zimmer noch nicht bezugsfertig ist.

Wir starten gleich mit unserer Sightseeingtour. Das erste Ziel ist der Shintõ-Schrein namens Yasaka, welcher im Jahr 656 im Gion-zukuri Stil erbaut wurde und als einer der größten Schreine Japans zählt. Im Jahr 869 wurden die tragbaren Schreine des Gion-Schreins durch die Straßen von Kyōto getragen, um eine Seuche zu bekämpfen.

Weiter geht es zum Kōdaiji-Tempel welcher von Nene im 17. Jahrhundert errichtet wurde, die in Trauer um ihren Ehemann Toyotomi Hideyoshi war.

Heute ist es ein Tempel der Rinzai Kenninji-Sekte. Innerhalb der Tempelanlage befinden sich wunderschöne Zen Gärten. In einem konnten wir zusehen, wie der Kies mit dem Rechen in Form gebracht wird. Schon der Anblick strahlt etwas Beruhigendes aus.

Beim anschließenden Spaziergang durch das Gion Viertel können wir viele Geishas sehen. Mit ihren wunderschönen Kimonos, perfekter Frisur und perfektem Make-Up schreiten sie stilsicher durch die Gassen.

Sie tragen weiße Strümpfe und dazu ihre Flipflops ähnlichen Schlapfen. Durch den engen Schnitt der Kimonos können Sie nur kleine Schritte machen und es wirkt ein bisschen wie kindliches zappeln.

Wir sind inzwischen seit 24 Stunden unterwegs und die Müdigkeit sitzt uns in den Knochen. Wir können kaum noch unsere Beine heben und jeder Schritt fällt uns schwer. Wir gehen ins Hotel, beziehen unser Zimmer und machen ein kurzes Nickerchen, welches wir dann auf eine Stunde ausweiten. Doch nach dem Aufwachen waren wir fast so müde wie zuvor. Wir mussten uns regelrecht zwingen aufzustehen und rauszugehen.

Zum Abendessen gehen wir heute in die Pontocho Alley, 15 Minuten zu Fuß vom Hotel entfernt. Da ist uns am Heimweg am Nachmittag schon ein Lokal aufgefallen, welches von sich behauptet, das beste Kobe Beef in der Stadt zu haben.

Die Steaks waren gut und das Fleisch zart und weich, der Wein dafür nicht genießbar. Es war dennoch ein nettes Lokal, ein bisschen eine Touristenabzocke, aber am ersten Tag hatten wir zu wenig Energie, um lange zu suchen.

Am Heimweg kehren wir noch in eine kleine Bar ein, um Sake zu trinken. Anfangs sind wir noch die einzigen Gäste und führen eine nette Unterhaltung mit der Kellnerin, die uns Tipps für die weitere Reise gibt. Sie erzählt uns auch, dass im Moment untypisch wenig los ist, da die chinesischen Touristen aufgrund des Coronovirus ausbleiben. In dem Fall gut für uns, wenn nicht so ein Trubel herrscht.

Immer noch müde machen wir uns gegen 23 Uhr zu Fuß auf den Heimweg.

Oyasuminasai/おやすみなさい